Schritt für Schritt zu einer nachhaltigen Markenidentität
Treffen Nachhaltigkeit und Marketing aufeinander, fallen oftmals Begriffe wie Sustainable Branding oder Green Marketing. Doch was macht überhaupt eine erfolgreiche Marke aus? Und wann genau wird sie nachhaltig? Jungen Start-Ups fällt es meist nicht leicht, auf Anhieb die richtigen Antworten auf solche Fragen zu finden. Die Verbindung von Nachhaltigkeit und Marketing wird zudem oft, aufgrund vermeintlich verschiedener Zielsetzungen, kritisch oder gar als unmöglich betrachtet. Aber warum eigentlich? Sicher, Marketing kann Menschen dazu bringen, tagelang in überfüllten Einkaufspassagen zu kampieren, um überteuerte Smartphones zu kaufen. Ebenso ließe sich behaupten, Marketing wecke nur Bedürfnisse für Dinge, die niemand braucht und nur den Geldbeutel so manch eines Managers voller machen. Viel Nachhaltigkeit steckt da noch nicht drin. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Marketing kann mehr. So beinhaltet es ebenso die Planung, Steuerung und Kontrolle einer Marke. Mit dessen Hilfe werden Werte eines Unternehmens gelebt und vermittelt. Und die können durchaus nachhaltig sein.
Eine Marke ist Charaktersache
Genauer gesagt, geschieht das durch die Integration von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten in die Identität einer Marke und deren anschließende Kommunikation. Die Identität oder auch das Selbstbild einer Marke beschreibt dabei ihre Wesensmerkmale, die in Form eines Markennutzenversprechens kommuniziert werden. Ziel sollte es dabei sein, Versprochenes auch zu halten. Das schafft Vertrauen bei der Zielgruppe und somit die Grundlage einer langfristigen Kundenbindung. Außerdem dient die Markenidentität dazu, sich im Markt klar abzugrenzen, um nicht in einem Meer von Wettbewerbern unterzugehen. Ob ihre Entwicklung erfolgreich ist, kann daran gemessen werden, inwieweit sie mit der Wahrnehmung der Konsumenten, also dem Image einer Marke, übereinstimmt. Die Beachtung einiger Schritte kann dabei hilfreich sein, Nachhaltigkeit in das Bewusstsein und die Wahrnehmung einer Marke zu integrieren.
Erster Schritt: Die Situationsanalyse
Wissen ist Macht! Daher sollte zu Beginn des Aufbaus einer Marke die Schaffung einer Informationsgrundlage zu allen für sie relevanten Nachhaltigkeitsthemen erfolgen. Auf deren Basis werden dann Entscheidungen zur Markenentwicklung getroffen. Die Bildung solch einer Entscheidungsgrundlage ist enorm wichtig, da sie dabei hilft, Ausgangssituationen und Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer Marke zu erkennen und besser zu verstehen. Denn wie soll man angemessen auf Kundenbedürfnisse reagieren, wenn man diese nicht kennt oder nicht weiß, welche Möglichkeiten einem als Unternehmen und Marke selbst zur Verfügung stehen? Eine Situationsanalyse sollte somit stets aus interner und externer Perspektive erfolgen. Mögliche Maßnahmen sind dabei:
Die Möglichkeiten an Informationen heranzukommen sind vielseitig. Grundvoraussetzung sollte aber immer die Bereitschaft zum Dialog sein – ganz egal, ob Kunde oder Mitarbeiter, Facebook-Chat oder Vieraugengespräch.
Zweiter Schritt: Die richtige Positionierung entwickeln
Auf dem Fundament der Situationsanalyse kann nun überlegt und festgelegt werden, welches Konzept hinter einer Marke stehen soll und wie es sich in den Köpfen der Zielgruppe verankern lässt. Doch wie kann man so ein formuliertes Markenziel erreichen? Um diese Frage zu beantworten, muss klar sein, wie sich eine Markenidentität zusammensetzt. Daher sollten zunächst die folgenden Fragen zu den Bausteinen einer Markenidentität beantwortet werden.
- Vision (Wohin wollen wir?): Sie gibt eine langfristig gewünschte Entwicklungsrichtung der Marke vor.
- Persönlichkeit (Was kommunizieren wir?): Sie beinhaltet die Charakteristik einer Marke und findet ihren Ausdruck in der Art und Weise der Kommunikation.
- Werte (Woran glauben wir?): Sie bestehen aus den Überzeugungen des Unternehmens und bilden ein sinnhaftes Grundgerüst der Marke.
- Kompetenz (Was können wir?): Sie umfasst die organisatorischen Fähigkeiten eines Unternehmens mitsamt dessen Marke.
- Herkunft (Woher kommen wir?): Sie stellt die Herkunft einer Marke aus ökonomischer, sozialer und ökologischer Perspektive dar.
- Leistung (Was vermarkten wir?): Sie beschreibt, wie eine Marke funktional oder symbolisch für Konsumenten nutzbar wird.
Geschafft! Doch bevor es mit dem nächsten Schritt weitergehen kann, müssen die einzelnen Bausteine in einem Nutzenversprechen verpackt werden. Durch die Bündelung in funktionale und symbolische Nutzen wird die zuvor erarbeitete Markenidentität kommunizierbar gemacht. Besonders Start-Ups, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, sollten darauf achten soziale und ökologische Nutzen hervorzuheben.
Water is more important than clothing! That’s why we’re working on a compostable sweater that uses 90% less water than a conventional cotton sweater. We completely abstain from artificial irrigation, cotton, plastics, long transport routes and wage dumping. From the raw material to the finished sweater we stay in Europe. Our vision? A wardrobe with essentials that save and give water. That’s why we pay reparations to countries that have suffered from the textile industry.
Das Nutzenversprechen des Starts-Ups Blue Ben zeigt, wie sich die einzelnen Bausteine einer Markenidentität klar formulieren lassen. (zur Quelle geht’s hier)
Dritter Schritt: Nachhaltigkeit selber Leben
Du bist, wer du bist! Mag dieser Spruch auf den ersten Blick belanglos wirken, hat er doch das Zeug zum Leitsatz jeder nachhaltigen Marke. Denn um Kunden langfristig zu binden, benötigt es Vertrauen und das entsteht wiederum nur durch Glaubwürdigkeit. Denn wie soll eine Marke glaubwürdig sein, wenn sie nicht hält, was sie verspricht? Kurzum: Nachhaltigkeit muss selbst gelebt werden. Alles andere ist Greenwashing. Mitarbeiter und Produktleistungen sind Herz und Kopf eine Marke und bilden zugleich den Ausgangspunkt zur Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeit. So ist es das Team, das mit Kunden in Berührung kommt und das Markennutzenversprechen angemessen nach außen trägt. Dafür ist es notwendig, dass im Team Zuspruch und Bewusstsein für eine nachhaltige Markenidentität bestehen und das Verhalten der Mitarbeiter sich danach ausrichtet.
Ein gutes Beispiel, wie sich soziales und ökologisches Engagement mit wirtschaftlichen Zielen vereinbaren lassen, liefert der Hersteller von Naturkosmetik und anthroposophischer Arzneimittel Weleda. Das bereits 1921 gegründete Unternehmen stellt Nachhaltigkeit als Kern ihrer Markenphilosophie in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns. Dass dabei gehalten wird, was der Hersteller verspricht, zeigt sich unter anderem bei der freiwilligen Einhaltung von Ethikstandards. So richtet sich die Auswahl von Rohstoffen nach nachhaltigen Zielen wie dem Erhalt der natürlichen Vielfalt und der fairen Entlohnung aller Partner entlang der Lieferkette. Dazu gehört auch, dass die eigenen Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens selbst verantwortungsvoll mit Umweltressourcen umgehen, etwa durch besonders ökologisch optimierte Arbeitsflächen und starken Unternehmensausrichtung auf die sozialen Bedürfnisse der der eigenen Angestellten. Die konsequente Ableitung eines nachhaltigen Markennutzenversprechens zahlt sich aus. Das zeigen nicht nur zahlreiche Auszeichnungen für soziales und ökologisches Handeln, sondern auch das fast 100-jährige Bestehen des Unternehmens und seiner Marke.
Ob Nachhaltigkeit selbst gelebt und nicht nur versprochen wird, lässt sich anhand folgender Fragen beantworten:
- Habe ich alle Mitarbeiter ausreichend über die eigenen Nachhaltigkeitsziele informiert?
- Können alle Mitarbeiter etwas zur erstrebten Nachhaltigkeit beisteuern?
- Lebe ich selber Nachhaltigkeit vor?
Zuletzt sollten natürlich auch die mit der Marke in Verbindung stehenden Produkte und Dienstleistungen nachhaltig sein. Dabei ist es wichtig zu verinnerlichen, dass Nachhaltigkeit während des gesamten Entstehungsprozesses einer Leistung gewährleistet sein muss. Denn Nachhaltigkeit findet nicht erst in der Ladentheke statt. Besonders Start-Ups sollten sich also von vornherein überlegen, wie sie soziale und ökologische Aspekte in die einzelnen Schritte ihrer Wertschöpfungskette integrieren können.
Vierter Schritt: Nachhaltigkeit kommunizieren.
Nach der Entwicklung und Umsetzung eines nachhaltigen Markenbewusstseins kommt es im nächsten Schritt nun auf dessen Vermittlung nach außen an. Denn schließlich können nur so Information zu den eigenen sozialen und ökologischen Aktivitäten von relevanten Zielgruppe wahrgenommen werden. Ziel sollte es dabei immer sein, die Bekanntheit als nachhaltige Marke zu steigern, sowie eine größtmögliche Deckung des inneren Bewusstseins mit ihrer äußeren Wahrnehmung zu erreichen. Für eine erfolgreiche und somit glaubwürdige Markenkommunikation ist die Einhaltung von Ehrlichkeit und Transparenz enorm wichtig. Das zeigt letztlich, dass es nichts zu verbergen gibt, was wiederum der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauern der Nachhaltigkeitsmarke zu Gute kommt. Nicht zuletzt lassen sich ebenso Bedürfnisse und Kritik leichter mit der richtigen Kommunikation aufspüren und behandeln.
Ein geeignetes Kommunikationsmittel sind hier soziale Medien. Facebook, Twitter und Co. sind mittlerweile zu gesellschaftlichen Leitmedien mutiert und bieten mit ihren vielseitigen Funktionen einfache und schnelle Einsatzmöglichkeiten für die Markenkommunikation an. Gute Beispiele dafür sind:
- Die Vermittlung von nachhaltigen Markenaktivitäten auf sogenannten Brand Pages.
- Die Markendarstellung durch Videobeiträge auf Youtube, Instagram und Co.
- Die Informationsgewinnung zu gegenwärtigen Trends in verschiedenen Blogs.
- Die Führung von Dialogen mithilfe von Foren, Chats und Microblogs.
Fünfter Schritt: Kontrolle und Bewertung
Vertrauen ist gut! Kontrolle ist besser? Vielleicht nicht besser, aber mindestens genauso wichtig. So zeigt der Blick in die Gründerszene, dass auch gute Ideen und glaubwürdige Marken floppen können. Umso wichtiger ist es, die Schritte zum Aufbau einer nachhaltigen Markenidentität auf Herz und Nieren zu prüfen und gegebenen Falls an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Neben dem Blick in die Geschäftsbücher hilft dabei ebenso ein offenes Ohr für interne und externe Stakeholder sowie ein Blick in die Gesellschaft. Denn am Ende bleibt nichts so wie es ist. Und somit muss dieser letzte Schritt auch gleichzeitig wieder der erste sein.
Lesetipps //
Christoph Burmann: Identitätsbasierte Markenführung.
Teresa Mangold: Social Media im Nachhaltigkeitsmarkenmanagement.
(c) Titelbild: Joanna Kosinka