• Menschen
  • Wissen
  • Aktuelles
  • Über uns

relaio.de

Die Plattform für nachhaltiges Unternehmertum

  • Menschen
  • Wissen
  • Aktuelles
  • Über uns

Packwise – Industrieverpackungen effizienter wiederverwenden

Durch Digitalisierung die Kreislaufwirtschaft von Verpackungen verbessern

PET-Flaschen, Plastik, Glas, Papier – Verpackungsmüll ist für viele Verbraucher*Innen, die bewusst einkaufen wollen, ein großes Thema. Kann man es wiederverwenden, wird es recyclet oder landet es in der Müllverbrennungsanlage? Im Supermarktregal wird man alltäglich mit dieser Problematik konfrontiert. Doch was passiert eigentlich mit dem ganz großen Müll, dem Verpackungsmüll der Industrie? Mit all den Fässern, Transportboxen und Containern, in denen die verschiedensten Prozessstoffe transportiert werden? Die gute Nachricht: Oft werden sie wiederverwendet. Die schlechte Nachricht: bisher meist sehr ineffizient.

Felix Weger, Mitbegründer von Packwise, hat selbst in der Branche gearbeitet und kennt das Problem zur Genüge. Gemeinsam mit seiner Frau Gesche Weger und dem IT-Entwickler René Bernhardt haben sie nach einer digitale Lösung gesucht, um den industriellen Verpackungsmarkt zu revolutionieren. „Bei meiner alten Stelle habe ich gemerkt, dass die Wertschöpfungskette der Verpackungen nicht wirklich effizient ist – viele dieser Stahl- und Kunststofffässer stehen als braches Kapital auf Höfen herum, anstatt genutzt zu werden und durchlaufen dabei nicht die optimale Anzahl an Produktlebenszyklen, die theoretisch möglich sind.“, sagt Felix. Einer der Hauptgründe dafür: Der Markt ist nicht transparent. Teilweise werden dann die sogenannten IBC – Intermediate Bulk Container – von Hamburg nach München gefahren, weil keiner weiß, dass vielleicht eine andere Firma um die Ecke die aufbereiteten Container brauchen könnte.

Typische Industrieverpackungen

Nachdem Felix auf dieses Problem – die fehlende Vernetzung und Transparenz bei der Wiederverwendung von Industrieverpackung – aufmerksam geworden ist, entstand daraus die Idee zur Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft für Verpackungen. Die Umsetzung dieser Idee begann mit einer Online Auktionsplattform für gebrauchte Industrieverpackung. Mittlerweile wurde sie weiterentwickelt: Das Unternehmen hat ein Gerät entwickelt, mit dem der Standort, der Füllstand und die Temperaturen der Container überwacht werden können. Durch das Internet of Things sind alle damit ausgestatteten Container miteinander vernetzt – und können miteinander kommunizieren. Geht der Inhalt eines Behälters zur Neige, kann dieser selbstständig Nachschub ordern. Transportwege können so optimiert werden und bestehende IBCs besser ausgelastet werden – so können Geld und Ressourcen gespart werden.

Möglich wurde dieses Projekt unter anderem durch Finanzierungen des Technologiegründerstipendium der Sächsischen Aufbau- und Förderbank und ein Investment des Technologiegründerfonds Sachsen. Nicht nur die Finanziers konnte Packwise überzeugen: Am 1. Juli 2019 hat Packwise den Sächsischen Umweltpreis 2019 in der Kategorie „Umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen“ erhalten.


(c) Alle Bilder Packwise GmbH

LegionellEX – Bakterien bekämpfen ohne Chemie

Für das bloße Auge nicht sichtbar, aber trotzdem gefährlich: Legionellen. Das Start-Up LegionellEX hat einen Weg gefunden, diese nachhaltig zu bekämpfen.

Jährlich werden 6.000 Infektionen mit Legionellen in Deutschland gemeldet – die Dunkelziffer liegt laut Experten jedoch wesentlich höher. Die Schätzungen reichen von 15.000 bis zu 30.000 pro Jahr. Gerade ältere und schwächere Menschen können an der dadurch ausgelösten Lungenentzündung – der sogenannten Legionärskrankheit – sterben. Bisherige Methoden sind aufwendig, kostenintensiv und nicht besonders nachhaltig. Die Masterstudierenden Maximilian Hechtl,  Alexander Straßer und Stefan Hauers haben einen Prototyp entwickelt, der das ändern soll.

Den Grundbaustein legte bereits viele Jahre zuvor Maximilians Vater – ein emeritierter Professor der Priceton University. Maximilian setzt nun, zusammen mit seinem Freund Alexander und Stefan, die theoretischen Überlegungen seines Vaters in die Tat um. Den Prototypen wirklich zu testen, war für die zwei Bauingenieur- und dem TUM-BWL Studenten jedoch schwieriger als erwartet, sagte Alex: „Es hat wahnsinnig lange gedauert, ein zertifiziertes Labor zu finden, das der Sicherheitsstufe für die Arbeit mit Legionellen entspricht. Als pathogene Keime, muss man mit der Handhabung sehr vorsichtig sein.“ Nach häufigem Rumtelefonieren, sind sie nach einem halben Jahr im Klinikum Rechts der Isar in München fündig geworden. Der Vorteil dabei war auch, dass dort bereits mit Legionellen gearbeitet wird. „Die darf man natürlich nicht einfach bestellen, sondern muss genau angeben, warum man sie braucht, bevor man die Erlaubnis bekommt, sie auch zu züchten“, erklärte Alex.

Wenig bis gar keine Unterstützung gab es von den Professoren und Lehrstühlen anderer Universitäten, ebenso wenig von der eigenen. Und das, obwohl diese geeignete Labore zur Verfügung haben. „Am Anfang haben wir unseren Plan durchgesprochen und dachten, dass wir innerhalb eines dreiviertel Jahres gründen können. Das ist nun fast zwei Jahre her. Das lag vor allem an der Bürokratie und den langen Wartezeiten“, sagte Alex.

Der Prototyp von LegionellEX.     (c) LegionellEX

Gerade ist ihr Prototyp in der Phase der Patentierung – zu viel verraten können sie daher nicht. Außer, dass die Legionellen hydrodynamisch-mechanisch zerstört werden. Also ganz ohne Chemie oder Erhitzung des Wassers – Methoden, die normalerweise bei Legionellen angewendet werden, aber weder gut für die Umwelt, noch sehr kostengünstig sind. „Ich vergleiche unsere Methode gerne mit der Taucherkrankheit“, sagte Max. „Wenn ein Taucher tief unten im Wasser einatmet, dann löst sich der Sauerstoff im Blut. Die Bläschen, die sich dabei bilden, haben mehr Masse, als an der Oberfläche. Beim Auftauchen expandieren die Gase, weil der Gegendruck fehlt und das Blut dann anfängt zu schäumen.“ Dasselbe passiert schlussendliche den Legionellen mit dem Gerät von LegionellEX.

Die Gründer von LegionellEX: Maximilian (links) und Alexander (rechts).

Finanziert wird das Labor vor allem durch die Unterstützung der UnternehmerTUM. Weitere Fähigkeiten, die sie für die Herstellung des Prototyps brauchten, wurden ihnen im MakerSpace der TU München vermittelt, was durch ein Stipendium der Hans Sauer Stiftung ermöglicht wurde. Interessenten für ihr Gerät gibt es bereits viele – und es lässt sich auch mit großer Wahrscheinlichkeit auf andere Bakterien übertragen. „Für uns ist der Aspekt der Nachhaltigkeit essenziell. Wir machen eben nicht ein tolles neues Auto, sondern etwas, womit man effizient Wasser reinigen kann. Das ist auch für Entwicklungsländer interessant und wichtig“, sagte Alex.


(c) Alle Bilder Sebastian Preiß

werkraum – Ort der Begegnung

Durch gemeinsames Arbeiten mit Holz Begegnung und Austausch schaffen: Ein Konzept, das aufgeht.

„Bum, Bum, Bum – Raspel, Raspel – Sssssccccchhhhhh“ – verschiedenste Geräusche von klopfenden Hämmern auf Nägel, von Schleifpapier auf Holz und einer Säge dröhnen durch den Raum. Jeder ist konzentriert bei der Sache. Markus Rupprecht, Schreiner und Diplom-Ingenieur für Innenarchitektur, schaut den einzelnen Personen immer wieder über die Schulter und hilft, wenn etwas nicht funktioniert. Es könnte eine normale Situation in einer Schreinerei sein – ist es aber nicht. Der werkraum ist viel mehr. Er bietet Geflüchteten, Langzeitarbeitslosen, aber auch Senioren und Jugendlichen die Möglichkeit, selber aktiv zu werden, etwas für sich selbst oder für die Gemeinschaft zu bauen, etwas über das Handwerk zu lernen und sich mit den ausgebildeten Organisatoren, aber auch untereinander, auszutauschen. Über zwei Jahre gibt es das Projekt nun. Seitdem hat es sich immer wieder verändert.

Im Frühjahr 2016, nach einem Workshop über den Design-Build-Ansatz im Rahmen der Social Design Elevation Days und dem Selbstbau von Möbeln in Flüchtlingsunterkünften, wurde es mit dem Pilotprojekt konkret. „Richtig Schwung kam in die Sache, als wir die Ideen in einer  Flüchtlingsunterkunft, die es heute nicht mehr gibt, umsetzen konnten. Zeitweise waren dort 900 bis 1.000 Menschen untergebracht. Dort haben wir dann jeden Samstag gemeinsam mit den Geflüchteten gearbeitet“, sagte Markus.

Neben der Hans Sauer Stiftung unterstützen das Projekt anfangs die Akademie der bildenden Künste München, die Stadt München und der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising – mittlerweile beteiligt sich nur noch die Stiftung und in Teilen Condrobs e.V. Gemeinsam entstanden so große Möbelstücke für die Gemeinschaftsbereiche. Als niedrigschwelliges Beschäftigungsangebot und Möglichkeit, sich auch mit anderen Menschen auszutauschen, wurde das Möbelbauen gut angenommen. „Zuerst waren es kleine Grüppchen, nach Nationen aufgeteilt. Über mehrere Wochen hat sich daraus eine Gruppe von etwa acht Leuten verschiedener Nationalitäten herausgebildet, die immer wieder da waren und auch untereinander unabhängig von uns Kontakt hatten. Das zu sehen, war ein wahnsinnig schöner Moment“, sagte Markus. Der werkraum wurde so zum Ort des interkulturellen Austausches, der auch Geschlechterrollen überwand. „Da gab es beispielswiese einige junge, pakistanische Frauen, die immer wieder gekommen sind. Für manche Männer, wie dem Syrer Muhammad, war das eigentlich eine sehr männliche Arbeit. Aber die Frauen haben sich nicht abschütteln lassen und wurden dann auch von ihm akzeptiert“, erzählt Markus.

Der Werkraum in der Hofmannstraße.

Ende 2016 war dann aber fürs erste Schluss. Die Flüchtlingsunterkunft wurde geschlossen und somit verlor auch der werkraum seinen angestammten Platz. Gleichzeitig war das eine Gelegenheit, weiter zu denken und das Projekt auf eine neue Stufe zu stellen. Neben Überlegungen, ob man aus dem Projekt ein mobiles macht, das umherfährt, wurde die Idee, den werkraum zu verstetigen immer konkreter. Im Januar 2017 war dann klar: Der werkraum bekamt für mindestens zwei Jahre feste Räumlichkeiten in der Flüchtlingsunterkunft in der Hofmannstraße in München-Sendling. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten Markus Rupprecht, sowie Barbara Lersch von der Hans Sauer Stiftung mit an dem Projekt. Neu hinzu kam der irische Social Designer Conor Trawinski und Ende 2017 machte der Schreiner und Designer Stefan Kiesel das werkraum-Team komplett. „Während meiner Zeit in Holland haben wir eine Nachbarschaftsmöbelfabrik gegründet. Ähnlich wie beim werkraum haben wir dort mit Ehrenamtlichen Möbel gebaut. Es ging aber nicht per se um Geflüchtete, sondern auch um die Reintegration von Arbeitslosen“, sagte Conor. In der Hofmannstraße gab es ein regelmäßiges Angebot, freitags von 15 bis 17 Uhr, an dem jeder Interessierte in der Werkstatt bauen kann. Nachdem man mindestens vier Mal dabei war, wurde ein Teilnahme-Zertifikat ausgestellt. Das Angebot kam gut an und manch einer schaute selbst nachdem er in eine andere Unterkunft umgezogen ist, wieder zum Arbeiten vorbei.

„Am ersten Tag waren etwa 13 Leute da, am zweiten Tag acht und dann kamen regelmäßig etwa fünf bis acht Personen zum Bauen. Zu Beginn haben sie viel für sich selbst gebaut und Kontakte geknüpft und sind dann eben teilweise auch nicht mehr gekommen. Die haben ihren Mehrwert durch den werkraum bereits bekommen“, sagte Conor. Während der Arbeit würden sie nicht nur etwas über das Arbeiten mit Holz lernen, sondern auch wie die Deutschen – oder in seinem Fall vielleicht eher wie die Europäer – so ticken und wie die Dinge ablaufen.

Das werkraum-Team (v.li.n.re): Conor, Markus und Stefan.

Neben der festen Werkstatt werden aber auch Angebote in anderen Unterkünften gemacht. Dann bereitet das Team vom werkraum die grundlegenden Sachen vor – wie Bretter zuschneiden und größere, gröbere Arbeiten – und quartieren sich für drei Abende in anderen Einrichtungen ein und bauen dort mit den Geflüchteten. Es gibt aber auch größere Projekte, wie die Zusammenarbeit mit wirWerk, den Freiraumsommer 2018 in München-Obersendling oder das „Über den Tellerrand“-Café. Für alle hat der werkraum, gemeinsam mit dem Netzwerk des jeweiligen Projektes, Möbel gefertigt. So können sie sich auch besser und langfristiger finanzieren. Denn bisher kamen die Gelder vor allem von der Hans Sauer Stiftung und die Räumlichkeiten wurden kostenlos zur Verfügung gestellt. „Die Stiftung hat auch eine Basis an Werkzeugen finanziert – trotzdem bringen wir drei unsere eigenen Werkzeuge immer mit. Sonst würde das gar nicht reichen“, sagte Markus.

Durch die Stiftung wurde der werkraum auch Teil von zwei weiteren Projekten. Zum einen bauten sie im Zuge von „Schule macht sich“ gemeinsam mit 25 Personen, darunter Kinder, Eltern, Hausmeister, Lehrer und Geflüchteten die Möbel für drei Klassenzimmer in der Südschule in Bad Tölz. Hier wurden nicht die klassischen Tische mit Stühlen gebaut, sondern Stehtische und variable Hocker als Alternativen.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich auf dem Boden zu setzen oder sich in ein Lernzelt zurückzuziehen. Zum anderen arbeitet das werkraum-Team gerade an einem Projekt von HOME NOT SHELTER in Stuttgart, in dem es darum geht in einem partizipativen Prozess Möbel für einen Lernraum in  einer Flüchtlingsunterkunft zu entwickeln. Die Planung dafür ist im vollen Gange. Im Laufe der kommenden Monate sollen die Möbel dann während eines Events gemeinsam gebaut werden.

Während also der werkraum so richtig Fahrt aufnimmt, musste sich sein Team parallel zum Jahreswechsel 2018/2019 nach neuen Räumlichkeiten umsehen, denn die Flüchtlingsunterkunft soll einem anderen Bauprojekt weichen. Glücklicherweise gab es dann gleich zwei Angebote – das Kreativquartier und die alte Färberei in München. Am Ende ging es in Letzteres und innerhalb kürzester Zeit wurde umgezogen. Der Umzug bedeutet eine Veränderung – in mehrerer Hinsicht. Der werkraum öffnet sich beispielsweise mehr anderen Interessenten und ist nicht mehr so fokussiert auf Geflüchtete. Es soll immer noch einen offenen werkraum-Nachmittag geben, aber vielleicht auch thematische Kurse, und das zusätzlich zu der mittlerweile projektbezogenen Arbeit. Treue und bewährte Helfer, wie der Geflüchtete Alpha, sind natürlich immer noch Teil des Teams und willkommene Freunde und Helfer. „Zufällig habe ich in der U-Bahn einen Geflüchteten getroffen, der vor einem Jahr oft dabei war, aber dann nicht mehr gekommen ist. Er hatte gleich richtig Lust wieder mitzuhelfen und war beim Umzug in die alte Färberei dabei“, erzählte Conor. „Wir haben eine Mini-Crew an Leuten, die immer wieder zurückkommen.“ Die positive Assoziation mit dem werkraum bleibt den Menschen, die dort waren, und das hinterlässt auch bei Markus, Conor und dem restlichen Team ein gutes Gefühl.


(c) Alle Bilder Conor Trawinski

Social-Bee – Integration durch soziale Zeitarbeit

Ein Sozialunternehmen beweist, dass Zeitarbeit nicht zwangsläufig Ausbeutung, sondern erfolgreiche Integration bedeuten kann.

In seinem Heimatland war Hamid (Name von der Redaktion geändert) ITler, doch die Umstände zwangen ihn zur Flucht. In Deutschland angekommen, suchte er drei Jahre lang einen passenden Job – vergebens. Das änderte sich jedoch, als er auf die soziale Zeitarbeitsfirma Social-Bee gestoßen ist. Dort bekam er eine Anstellung und wurde zunächst für einige Monate als Hilfsarbeiter in einem Münchner Unternehmen beschäftigt. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Das Team von Social-Bee nutze diese Zeit um Hamid weiter beruflich zu fördern, was ihm letztlich eine Festanstellung in einem IT-Unternehmen einbrachte. Die Idee, dass Integration durch so etwas wie Zeitarbeit möglich ist, scheint also aufzugehen.

Das in Deutschland bisher einzigartige Projekt versteht sich hauptsächlich als Integrationskonzept für Geflüchtete: Während ihres Einsatzes in verschiedenen Partnerunternehmen werden die Geflüchteten sozialpädagogisch begleitet, machen Sprachkurse und nehmen an Personalentwicklungsmaßnahmen teil. Das Ziel ist die Vermittlung in eine qualifizierte Festanstellung oder Ausbildung nach spätestens eineinhalb Jahren.       

Zarah Bruhn und Max Felsner haben Social-Bee 2016 ins Leben gerufen. (c) Frank Bluemler

Zarah Bruhn und Maximilian Felsner, das Gründerteam von Social-Bee, kennen sich aus Studienzeiten. Maximilian hat Volkswirtschaftslehre studiert und sich schon damals nebenbei sozial engagiert. Die Betriebswirtin Zarah wurde durch eine Freundin mit Fluchthintergrund mit den Themen Flucht und Migration konfrontiert. Nachdem sie sich mehrere Monate ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig war, ging sie mit der Idee, eine eigene Initiative zu gründen, auf Maximilian zu. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept von Social-Bee. Was dann folgte, war vor allem eines: harte Arbeit. Beide kündigten ihre Jobs, nahmen ein Darlehen auf und tüftelten weiter an ihrem Konzept im Entrepreneurship Center der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das hat sich ausgezahlt: Seit der Gründung 2016 ist das Team auf etwa 30 Personen angewachsen, und neben den Standorten in München und Stuttgart kommen gerade neue Büros in Hamburg und Köln dazu. Zu dem Erfolg gehören auch etwa 100 Flüchtlinge, die in Zeitarbeit beschäftigt sind und somit eine Möglichkeit zum Broterwerb gefunden haben. Das selbst gesteckte Ziel erfolgreicher „Integrationsdienstleister“ zu sein, ist also geglückt. Das wissen die Social-Entrepreneure auch aus persönlicher Erfahrung. „Wir bekommen ziemlich oft emotionale Danksagungen, Ehemaliger, in denen es heißt: Danke, dass ihr mir geholfen habt, ohne euch hätte ich es nicht geschafft!“, weiß Maximilian zu berichten.

Die Einsatzgebiete der angestellten Flüchtlinge sind insbesondere die Lagerlogistik- und Produktionsbranche. Bei diesen eher niedrigqualifizierten Tätigkeiten sind die Einstiegshürden, gerade für Flüchtlinge ohne jegliche Ausbildung, geringer. Gleichzeitig stehen Weiterbildungsmaßnahmen, wie etwa Sprachkurse und EDV-Schulungen, zur Verfügung. Die Hürden für Social-Bee selbst scheinen jedoch dagegen höher zu werden. „Tendenziell sind die politischen Rahmenbedingungen schlechter geworden, etwa bei der Vergabe von Arbeitserlaubnissen – da gab es früher weniger Probleme. Zudem sind die gestellten Anforderungen an die geflüchteten Arbeitssuchenden völlig überzogen, während gleichzeitig benötigte Fachkräfte grundlos abgeschoben werden. Das heißt, Politik geht dann doch oft am eigentlichen Ziel vorbei“, erzählt Maximilian.

Etwa 100 Flüchtlinge werden momentan über Zeitarbeit beschäftigt. (c) Frank Bluemler

Aber es bleibt dabei – nicht die Flexibilität der Unternehmen steht im Mittelpunkt, sondern die Begleitung der Geflüchteten auf dem Weg ihrer Integration. Unternehmen verpflichten sich zum Beispiel von Vornherein, Social-Bee-Zeitarbeiter für mindestens neun bis zwölf Monate zu beschäftigen. Trotzdem arbeiten Unternehmen gerne mit Social-Bee zusammen. Denn einer der Vorteile ist die Vermittlung von sehr motivierten und gut betreuten Mitarbeitern, die sie im Anschluss an das Social-Bee Programm fest übernehmen können. Und das letztlich mit einer Erfolgsquote von 70 Prozent. Zudem ist diese Variante der Zeitarbeit eine Möglichkeit für Unternehmen, sich über eine Dienstleistung sozial zu engagieren, die sie ohnehin in Anspruch nehmen. All das zahlt sich auch für die Gründerin Zarah schon jetzt aus: „Alle Mitarbeiter, die bei uns waren, haben sich sehr entwickelt und ich freue mich drauf, wenn wir sie in 20 Jahren sehen und sie mir sagen, dass Social-Bee ihnen wirklich etwas gebracht hat. Dafür haben wir jetzt die Verantwortung. Die Mitarbeiter vertrauen uns genauso wie wir ihnen, dem muss man auch gerecht werden.“


(c) Titelbild: Photogenika

Grüne Pause – Wie ein Bauernhof für Bildung sorgt

Über ein Thema gibt es mehr Unklarheit als gedacht: ökologischer Landbau. Grund genug, sich ein Projekt anzusehen, das genau das ändern will.

Ob über die Gefahr von Pestiziden wie Glyphosat oder über die Überzüchtung und die schlechten Lebensbedingungen in der Massentierhaltung – geht es um das Thema Landwirtschaft, gibt es einiges zu diskutieren. Unbestritten ist jedoch: sollen zukünftige Generationen von einer lebenswerten Tier- und Umwelt profitieren, ist ein verantwortungsbewusster und ressourcenschonender Umgang mit ihnen unausweichlich. Konkret gehört dazu etwa der Verzicht von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln sowie eine artgerechte Tierhaltung mit Auslauf statt Käfig und Vielfalt statt Billigfleisch. Für solch einen ökologischen Landbau braucht es ein Bewusstsein, ein Umdenken in der Gesellschaft. Leichter gesagt als getan, denn schon die jüngsten unter uns wissen oftmals nicht, wo das Schnitzel auf ihrem Teller eigentlich herkommt.

Genau dagegen wollen Daniel Wack und Marius Bastuck etwas unternehmen und haben dafür den gemeinnützigen Verein „Grüne Pause“ ins Leben gerufen. Die Gründer haben es sich dabei zur Aufgabe gemacht, mithilfe von erlebnispädagogisch begleiteten Freizeitangeboten, ein größeres Bewusstsein für die Entstehung von Lebensmitteln, Natur- und Umweltschutz entstehen zu lassen – kurzum: einen nachhaltigen Lebensstil zu vermitteln. Dafür bietet der Verein für Kindergartengruppen und Schulklassen mitunter ein Angebot aus Ferienprogrammen, Übernachtungen im Zeltlager und tiergestützter Pädagogik an und die sollen vor allem eines sein: Mitmachprogramme. „Es wichtig, dass wir nicht nur zeigen, wie eine Kuh aussieht und wie sie Milch gibt, sondern dass die Kinder wirklich die Abläufe, die auf dem Bauernhof passieren, auch selbst ausprobieren, miterleben und erfahren können“, erklärt Daniel.

Die Gründer von Grüne Pause: Marius Bastuck (links) und Daniel Wack (rechts). (c) Christoph Eipert

Meist im Rahmen von schulischen Wander- und Projekttagen heißt es dann für die Kinder bereits morgens um sieben Uhr: mit anpacken im Stall. Dabei werden sie von mindestens zwei Teammitgliedern pädagogisch begleitet. Dazu gehört auch das ganze Team vom Biolandhof Wack. Die von Daniel zusammen mit seinen Eltern und Bruder geführte Hofgemeinschaft, liegt inmitten des saarländischen Bliesgau und wird seit 1984 nach Bioland-Richtlinien geführt. Dort hat auch Grüne Pause seit seiner Gründung eine Heimat gefunden. Das war im Jahr 2016, nach ein paar beruflichen Umwegen von Daniel und Marius.

Denn ursprünglich wollte Daniel Kinder -und Jugendpastor werden, merkte aber bereits am Ende des dafür notwendigen Theologiestudiums, dass ein Leben als kirchlicher „Schäfchenhüter“ nicht zu ihm passt. Der Wunsch mit Kindern- und Jugendlichen zu arbeiten aber blieb und führte ihn für ein weiteres Studium der Sozialen Arbeit nach München. Da aber ebenso klar war, danach zum Bauernhof der Familie zurückzukehren, lag es nahe, einen Weg zu finden, pädagogische Arbeit mit der Arbeit auf dem Hof zu verbinden. Die Idee um Grüne Pause war geboren. Bis zur konkreten Gründung vergingen aber nochmals zwei Jahre, bis dahin lief ein erstes Angebot unter dem Namen des Familienbetriebs. Auch Marius – Daniels bester Freund – kam über Umwege zum Projekt. Der gelernte Polizist war jedoch von Beginn an von Daniels Idee begeistert, was ihm letztlich zur Mitgründung bewegt hat. Mittlerweile hat er dafür eine zusätzliche Ausbildung zum Natur- und Wildnispädagogen absolviert.

Ob auf dem Hof oder im Zeltlager — die Programme sollen vor allem zum Mitmachen animieren. (c) Grüne Pause

Auch sonst ist seitdem ist viel passiert, denn das zweite Jahr nach der Gründung des Vereins war gleichzeitig auch das bisher erfolgreichste. Ein Grund dafür ist, dass es bundesweit zwar einige ähnliche Projekte gibt, im Saarland sowie im benachbarten Rheinland-Pfalz man nach ihnen jedoch fast vergeblich sucht. Für Grüne Pause bedeutet das Fluch und Segen zugleich, denn einerseits ist das Projekt so explosionsartig bekannt geworden, anderseits ist die Nachfrage, vor allem als kleiner Verein, kaum zu managen. Ein weiterer Grund für den Erfolg des Projekts ist: es kommt gut an. „Die Erfahrung, die die Kinder machen, ist durchweg positiv. Ich kann mich an keine Gruppe erinnern, die aus irgendeinem Grund unzufrieden oder unglücklich war“ lautet Daniels Antwort auf die Frage der Resonanz ihrer Arbeit. Dass ihre Arbeit aber nur ein Anfang sein kann, weiß er auch: „Wenn ich Kinder auf dem Hof habe, die nicht einmal wissen, warum ein Huhn ein Ei legt, dann brauche ich nichts von den Grundsätzen ökologischer Landwirtschaft erzählen, das wäre zwei Schritte zu weit. Was wir auf dem Hof machen, ist erstmal Basics zu schaffen. Die Kinder nehmen auch was davon mit, aber ich habe nicht die Illusion, dass sie dann alle plötzlich überzeugte Bio-Konsumenten sind.“

Neben Grüne Pause will Daniel auch in Zukunft weiterhin andere Aufgabe am Familienhof übernehmen. (c) Christoph Eipert

Um das Projekt zu finanzieren erhält der Verein, neben den Einnahmen der Gruppen, Fördergelder einer Stiftung. Diese Geldern bieten zudem den Vorteil, die Preise so niedrig wie möglich zu halten um so auch zugänglich für Kinder aus Familien zu bleiben, die sich einen Aufenthalt nicht leisten können oder wollen. Vom Projekt allein leben, kann aber noch keines der Teammitglieder. Was Daniel angeht, ist das auch nicht das Ziel. Für ihn ist die gleiche Aufteilung zwischen den Aufgaben bei Grüne Pause und den laufenden Aufgaben am Hof genau richtig. Ausschließen will er jedoch nicht, dass etwa Marius noch stärker in die Arbeit involviert und Grüne Pause noch intensiver betrieben wird. Langweilig wird es in Zukunft jedenfalls nicht. So sind Daniel und Marius gerade auf der Suche nach einem Zirkuszelt, sozusagen als mobile Räumlichkeit für die Grüne Pause. „Das ist einfach die sinnvollste Lösung für uns – so ein Zelt macht optisch viel her, ist stabil und wir können damit Aufwand und Kosten am niedrigsten halten“, sagt Daniel. Geplant ist außerdem der Aufbau einer eigenen Website. Die war aufgrund des bisherigen Erfolgs noch gar nicht nötig. Wer kann das schon von sich behaupten?


Titelbild: (c) Grüne Pause

„Das Thema Wasser haben die Leute nicht auf dem Schirm.“

Blue Ben, das ist ein Modelabel, das vor allem Mittel zum Zweck sein will. Und der hat einen Namen: Wasser.

Es hilft kein Stapeln und kein Stopfen – der Kleiderschrank ist einfach zu voll. Aber was soll man machen. Schließlich kann man kann doch nicht das schöne Oberteil der Frühlingskollektion auch noch im Sommer tragen! Aber alles ganz easy: Die neuesten Trends gibt es schließlich zum Dumpingpreis in den Regalen der Fast-Fashion-Ketten. Doch so einfach ist es nicht. Eine immer größer werdende Nachfrage nach Kleidung zum immer kleineren Preis funktioniert nur auf Kosten anderer, tausende Kilometer weit weg – etwa in Bangladesch. Das weiß auch Ali Azimi. Nachdem der Wahlberliner 2016 durch einen Dokumentarfilm auf die prekäre Situation der dortigen Textilarbeiter aufmerksam wurde, begann er zu recherchieren – auch vor Ort. Schnell war klar: Ein großes Problem ist der enorme Wasserverbrauch bei der Herstellung von Baumwollstoffen. Gerade den Ärmsten der Armen wird damit eine überlebenswichtige Ressource entzogen. Um dagegen etwas zu unternehmen wurde „BlueBen“ ins Leben gerufen. Dahinter steckt ein Modelabel, das vor allem eines will: Wasser geben, anstatt nehmen. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir mit Ali Azimi, dem Gründer des Start-Up gesprochen.

 

Ali, ihr schreibt auf eurer Website: “Water is more important than clothing.“ Wie lässt sich das verstehen?

Als ich erfahren habe, wieviel Wasser in Baumwolle steckt und wie die Ressource Wasser in der Textilbranche genutzt wird, war ich ziemlich schockiert. Daraufhin reiste ich nach Bangladesch, habe mir die Industrie angeguckt und mit Bauern gesprochen. Die dort produzierte Kleidung ist zu 90 Prozent für den Export bestimmt. Man fragt sich dann, welchen Nutzen die Menschen vor Ort davon haben. Zudem sind es meist nur Großgrundbesitzer oder Fabrikanten, die wirklich etwas dabei verdienen. Daraufhin ist die Aussage entstanden, dass Wasser wichtiger für den Lebensmittelanbau, als Lebensgrundlage vor Ort, ist, als dafür, dass wir T-Shirts für drei, vier Euro kaufen können.

Nach eigenen Recherchen in Bangladesch hat Ali Azimi 2017 Blue Ben ins Leben gerufen. (c) Jonas Nellissen

Wieso ist die Nutzung von Wasser zur Textilherstellung so kritisch? 

Zwischen 7.000 und 29.000 Liter Wasser werden für ein Kilo Baumwolle benötigt – vom Anbau bis zur Endproduktion. Ich diskutiere oft mit Leuten, die meinen, dass man für Kaffee und Fleisch ebenfalls eine Menge Wasser benötigt. Klar, stimmt, aber das sind Lebensmittel. Das ist etwas anderes als Kleidung. Die liegt erstmal überall in Massen rum, die im Gegensatz zu Lebensmitteln, weniger zwingend gebraucht werden. Das Problem ist, dass in den Gebieten – in denen der Baumwollanbau und die Textilindustrie angesiedelt sind – es entweder sehr trocken ist oder es dort von vornherein gravierende Versorgungsprobleme mit Wasser gibt. Das heißt, wir begünstigen durch die Produktion und Anbau von Baumwolle noch mehr Probleme, als es ohnehin schon gibt. Zudem ist erstaunlich: Das Thema ist völlig unterrepräsentiert. Keiner redet darüber. Das Thema Wasser haben die Leute nicht auf dem Schirm.

Aber ihr wollt Wasser nicht nur einsparen, sondern auch geben: Wie wollt ihr das schaffen?

Der erste Schritt liegt natürlich im Wassersparen. Das heißt aber nicht Bio-Baumwolle aus Indien zu verwenden. Wir produzieren überhaupt nicht in diesen Ländern, denn diese Länder brauchen das Wasser für den Lebensmittelanbau. Daher produzieren wir nur in Europa. Der wesentliche Punkt ist jedoch, dass wir überhaupt keine Baumwolle verwenden. Wir wollen hierbei Verantwortung übernehmen, aber wir können uns nicht vor den Schäden drücken, die wir in den letzten 40 Jahren in diesen Ländern verursacht haben. Wir zahlen deswegen eine Art Reparationen, indem wir Wasserprojekte finanzieren. Das ist der nächste Schritt. Wir versuchen das Wasser, das durch die Textilindustrie verschmutzt wurde, wiederaufzubereiten, also den Leuten wieder zugänglich zu machen.

Aber Privatpersonen sollen euch auch direkt unterstützen, oder? 

Genau. Wir wollen erreichen, dass du genau wie einen Co2-Ausgleich beim Fliegen, einen Wasser-Ausgleich machen kannst. Das planen wir mit unserem Verein, den wir gegründet haben und der unsere Wasserprojekte kuratiert. Den gibt es auch deswegen, da wir die Zwischenschritte verkürzen wollen und somit keine überflüssigen Mittelsmänner haben, damit am Ende dort mehr ankommt, wo es gebraucht wird. Ein Beispiel: In Bangladesch gibt es Superarme, Arme und Normale. Die Superarmen können es sich nicht einmal leisten, für 20 US-Cent im Monat, Wasser zu kaufen. Mit dem Wasserausgleich hat man die Möglichkeit, diese 20 Cent pro Familie zu spenden. Zusammengefasst hat man mit zehn Euro einen Monat lang 50 Familien mit Wasser versorgt. Aber das ist ein langfristiges Projekt, deswegen haben wir es nicht in den Mittelpunkt gesetzt. Wir versuchen eher durch größere Wasserprojekte etwas Nachhaltigeres zu implementieren.

Der hohe Wasserverbrauch beim Anbau und der Verarbeitung von Baumwolle erschwert vielen Menschen den Zugang zu sauberen Trinkwasser. (c) Benedikt Fuhrmann

Eure Ziele wollt ihr mit dem Verkauf eines baumwollfreien Sweaters erreichen: Wie kam es dazu?

Wir hatten gar nicht vor ein Modelabel zu gründen – denn es stand die Frage im Raum, ob man eigentlich noch ein weiteres Modelabel braucht. Aber die Tatsache, dass wir das mit dem Sweater machen, interessiert die Leute. Darüber kommen wir mit ihnen ins Gespräch und nicht, weil wir ein Wasserausgleich anbieten oder einen Verein gegründet haben. Das ist schade, aber einfach Tatsache.

Der Pullover ist also Mittel zum Zweck?

Absolut! Er ist die Grundlage, um über unsere Themen zu sprechen. Dazu gehört auch, dass wir einen Schritt weitergehen, indem wir uns gefragt haben, was in Zukunft sein wird. Baumwolle wird nicht dazugehören. Da bin ich mir ziemlich sicher, weil wir die Agrarfläche und das Wasser für den Lebensmittelanbau brauchen werden. Deswegen wird es zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass wir andere Fasern nutzen.            
Dafür haben wir selbst einen Stoff zu hundert Prozent aus Buchenholz geschaffen. Aber es hat schon eine ganze Weile gedauert, bis wir das erreicht haben. Wir mussten beim Stoff viel nachjustieren, etwa beim Material für die Bündchen. Wir wollten ein Garn das biologisch abbaubar ist und eben nicht aus Polyester besteht. Das war ziemlich schwierig. Das hat alles ein bisschen länger gedauert als geplant, aber jetzt da die Pullover da sind, ist es echt cool zu sehen was wir in den letzten Monaten geschaffen haben. Da sind wir stolz drauf. Und die Leute sind echt begeistert. Wir hätten natürlich auf schon Vorhandenes zurückgreifen können, aber wir haben uns für diesen Weg entschieden. Dann dauert es eben alles manchmal länger als geplant – in unserem Fall drei Monate.   

Dann geht es also jetzt los mit dem Verkauf? 

Genau. Die Pullover in unseren Basic-Farben sind bereits erhältlich. Die erste Auslieferung war im Dezember 2018.

Ihr hattet bereits in Vergangenheit eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durchgeführt. Gerade habt ihr nochmal eine gewagt. Wie lief die?

Wir wollten schon immer eine internationale Kampagne auf Kickstarter machen. Das war jedoch schwieriger als gedacht, was vielleicht auch daran lag, dass wir die Kampagne zum Ende des Jahres gemacht haben. Das heißt, die Kampagne ging nicht so durch die Decke, wie wir es bei der letzten erlebt hatten. Einerseits, weil wir unterschätzt haben wieviel Zeit und Kraft so etwas benötigt. Anderseits hatten wir auch schon unser Netzwerk erschöpft. Deshalb mussten wir komplett neue Leute erreichen. Das war echt eine Herausforderung. Dafür haben wir in drei Städten Öffentlichkeitsarbeit gemacht – in Amsterdam, London und Berlin. Zudem haben wir eine tolle PR-Mitarbeiterin an Bord, die einen richtig guten Job macht. Gott sei Dank haben wir dann das Ziel der Kampagne erreicht und sie erfolgreich beendet. Der Erfolg war dann sogar ein bisschen international. Es gab ein paar Kunden aus Asien. Auch in Europa verteilt und aus den USA sind Bestellungen eingegangen. Aber trotzdem, man darf das alles nicht unterschätzen. 

Was wollt ihr mit dem Geld anstellen?

Wir brauchen viel Geld für die Produktion selbst. Aber auch für Dinge wie einen biologischen Abbaubarkeitstest. Der ist echt teuer und kostest allein schon etwa 5.000 Euro. Das wollen wir nicht machen, um es als Alleinstellungsmerkmal zu kommunizieren, sondern damit wir uns selber sicher sein zu können, dass wir etwas geschaffen haben, das biologisch abbaubar ist.

Produziert werden die Sweater ausschließlich in Europa. (c) Blue Ben

Neben all euren Bemühungen: Wen siehst du mehr in der Verantwortung, die Produzenten oder die Verbraucher? 

Ich persönlich bin nicht der nachhaltigste Konsument, um ehrlich zu sein. Worauf ich eher achte ist Qualität. Ich kaufe einfach wenig. Ich bin da eher unbewusst nachhaltig. Ich lege die Verantwortung nicht auf die Konsumenten, sondern auf die Produzenten. Da in ihnen die Ursache des Übels liegt. Das was Konsumenten machen, ist nur Symptombekämpfung. Das heißt, wenn wir unseren Konsum runterschrauben, bedeutet das nicht, dass Modelabels weniger produzieren. Das müssten dann schon alle oder zumindest ein sehr großer Teil tun und das wird nicht passieren. Da müssen wir realistisch sein. Es wird nicht passieren, es sei denn, die Politik würde eingreifen, das tut sie aber nicht. Warum: Es geht um Steuergelder, um globalen Austausch und letztlich um ökonomische Vorteile der Modelabels. Was wir als Produzenten machen können, ist das Ganze anzustoßen. Ich glaube, kein Label, das jemals angefangen hat Fair-Fashion zu machen, war ein Systemwandler. Vielmehr haben sie dazu beigetragen, dass sich andere daran orientieren. Ich glaube, dass die Intensität eines Wandels davon abhängt, wie groß und wie bekannt wir werden. Um zu zeigen, dass man es wirklich radikal anders machen kann.

Euer Pullover ist ja Mittel statt Zweck. Der Steckt in  euren Wasserprojekten. Was hat sich da getan?

Ursprünglich hatten wir uns auf reine Trinkwasserprojekte fokussiert. Das hat sich in wenig geändert. Das heißt, wir arbeiten gerade an einer Lösung, die das Abwasser von Textilmanufakturen, Färberein etc. filtert. An so einem Filtersystem arbeiten wir gerade mit verschiedenen Partnern zusammen. Wir wollen etwas machen, was ein bisschen mehr zu uns passt. Wenn wir Textilien herstellen, macht es auch mehr Sinn etwas mit Textilabwässern zu machen. Brunnenbau würde uns vielleicht die bessere PR bringen, aber wir wollen an der Ursache arbeiten, das ist uns wichtiger. Wir wollen uns mit den Verursachern des Wasserproblems generell, etwa in den Großstädten Bangladeschs, befassen – mit Textilbetrieben etwa, die sich Filteranlagen und ein Waste-Water-Managemernt nicht leisten können. Dort wollen wir Abhilfe schaffen. Wie das aussehen kann, daran arbeiten wir geraden. Da steckt jede Menge Arbeit drin, die wir bald öffentlich kommunizieren werden.

Euer Sweater verfügt über eine ziemlich auffällige Armbinde am Ärmel. Das hat ein wenig einen Siegelcharakter: Meinst du, eine Siegel für nachhaltige Textilien bräuchte es?  

Wir als Unternehmen verwenden keine Siegel. Weil sie nur Symptome bekämpfen, indem sie versuchen Vertrauen zu schaffen, wo gar keine Glaubwürdigkeit da ist. Aber dem ist nicht so. Denn viele Menschen können nicht nachvollziehen, wie Rohstoffe angebaut werden. Da gibt es extrem viele Schwierigkeiten und das ist den Leuten nicht bewusst. Das wollen wir nicht. Wir wollen unabhängig davon zu 100 Prozent transparent sein. Dann braucht es auch kein Siegel mehr. Das Label am Arm ist vielmehr etwas, worüber sich die Leute identifizieren und reden. Also ein Conversation-Starter, mit dem Ziel, ein gemeinsames Symbol entstehen zu lassen. 

Eine Armbinde als Conversation-Starter für nachhaltigen Konsum. (c) BlueBen


(c) Titelbild: Benedikt Fuhrmann

piqd – handverlesene Onlinemedien

piqd möchte einen Gegenentwurf zur Reichweiten-optimierten Online-Berichterstattung liefern, indem ausgewiesene Experten Artikel empfehlen.

Bio statt Fast-Food. Handverlesen statt Massenware. Kritische Reflexion statt gedankenloser Konsum: Die Rede ist keineswegs von gesunder Ernährung. Es geht um Medien, um genau zu sein: um unseren Umgang mit Online-Berichterstattung. piqd statt Informationsflut. Von Experten empfohlen statt vom Algorithmus vorgesetzt.

Internet und Smartphone haben unseren Zugang zu Informationen radikal verändert. Früher dauerte es Tage oder Wochen, bis eine Nachricht um den Erdball wanderte und den Zeitungsleser am Frühstückstisch erreichte. Heute vergehen nur ein paar Augenblicke zwischen einem Ereignis und dem Aufpoppen der ersten Push-Message auf unserem Handy. Das Internet hat Menschen auf der ganzen Welt die Möglichkeit gegeben, sich zu jeder Zeit Informationen und Nachrichten zu einem beliebigen Thema zu besorgen und dadurch einen bestehenden Markt umgewälzt. Etablierte Medienkonzerne und neue Akteure liefern sich einen Wettlauf auf diesem Markt, in dem generierter Traffic und erzielte Reichweite die neue Währung geworden sind. Bestehende Konventionen des Journalismus wurden überworfen und Schlagwörter wie „Fake News“ oder „Lügenpresse“ prägen die Debatte um die Informationskultur.

piqd Geschäftsführer Marcus von Jordan

Die Macher von piqd sehen im Umgang mit Informationen aus dem Web ein soziales Problem, zu deren Lösung sie beitragen möchten. Sie möchten den NutzerInnen Artikel präsentieren, die lesenswert sind. Eine Programmzeitung, die nicht auf Reichweite und Traffic ausgerichtet ist und danach ihre Inhalte kuratiert, sondern Journalismus mit relevanten Inhalten bietet. Ein Gegenvorschlag also zu den aktuellen Entwicklungen in der Online Berichterstattung, betont Geschäftsführer Marcus von Jordan: „Es gibt nicht die perfekte Vision davon, wie Informationsbeschaffung funktionieren sollte. Es gibt nur eine Annäherung, durch inspirierte journalistische Arbeit und durch Quellenvielfalt.“

Marcus von Jordan zieht den Vergleich mit Bio-Lebensmitteln: „Du bist, was du isst, genauso wie du bist, was du liest.“ Dafür werden Artikel aus der Masse heraus handverlesen, oder eben „gepiqd“. Die Aufgabe des „Rosinenpickens“ übernehmen Experten. piqd greift dafür auf einen Pool von mittlerweile über 130 KuratorInnen, genannt „piqer“, zurück. Diese Experten wählen in ihren Augen relevante Online-Artikel aus, kommentieren diese in einer kurzen Zusammenfassung und ordnen sie einem bestimmten Kanal zu. Diese decken Themen von „Volk und Wirtschaft“ bis hin zu „Kopf und Körper“ ab. KuratorInnen und Kanäle werden von der piqd-Redaktion bestimmt, aber in ihrer Arbeit sind die piqer unabhängig. Bezahlt werden sie pro piq, mit einer monatlichen Obergrenze. Einige machen auch unentgeltlich mehr oder verzichten komplett auf eine Bezahlung – aus Überzeugung. Gemeinsam ist allen, dass sie der piqd-Redaktion gegenüber Sachverstand und einen breit gefächerten digitalen Medienkonsum vorweisen müssen, bevor sie für piqd empfehlen dürfen.

Gegründet wurde piqd von Konrad Schwingenstein und Marcus von Jordan. Die Verbindung zum Journalismus liegt bei Konrad Schwingenstein sozusagen in der Familie – er ist Enkel des Mitgründers der Süddeutschen Zeitung August Schwingenstein und Teilerbe des Unternehmens. 2010 kehrte er aber den bestehenden Strukturen der Medienwelt den Rücken und verkaufte zusammen mit anderen Erben seine Anteile. Seitdem fördert er Projekte, von denen er hofft, dass sie dabei helfen, neue Strukturen für den Journalismus mitzugestalten. Im Moment wird der Großteil der Kosten von piqd noch von ihm getragen. Diese Finanzierung erlaubt es piqd, sich für eine gewisse Zeit der Dynamik um Traffic und Reichweite zu entziehen. In Fachkreisen und der Szene haben sie deswegen bereits mit Qualität überzeugt. Aber damit sich der journalistische Gegenentwurf etablieren und selbst tragen kann, muss er natürlich auch eine gewisse Zahl an Lesern erreichen, die bereit sind, für Qualität angemessen zu zahlen. Und dies stellt das Team um Marcus von Jordan vor eine große Herausforderung. Anfangs war die Idee, dass die NutzerInnen nach einer kostenlosen Testphase dazu angehalten werden, jeden Monat einen kleinen Betrag für den Service des „piqens“ zu entrichten. Doch es haben sich nicht genügend zahlende Kunden gefunden, damit das Projekt schwarze Zahlen schreiben kann. Damit steht piqd vor demselben Problem wie viele andere Redaktionen: Es scheint bereits gängiger Konsens zu sein, dass Journalismus im Internet kostenlos zu sein hat.

Die Macher von piqd möchten einen Gegenentwurf zur Reichweiten-optimierten Berichterstattung im Internet liefern.

Die Macher von piqd haben sich daher entschieden, erst einmal einen anderen Weg zu gehen und zu versuchen, mehr Nutzer zu erreichen. Dies gleicht einer Gratwanderung: Auf der einen Seite möchte man sich nicht der Dynamik um Klicks und Traffic unterwerfen, auf der anderen Seite muss man eine gewisse Reichweite haben, um sich als Alternative etablieren zu können. Darum hat das Team einige „Qualitätspartner“ mit ins Boot geholt, die ebenfalls journalistische Gegenentwürfe liefern und ihre eigenen Inhalte empfehlen – und so piqd einem Teil ihrer Leserschaft näherbringen. Zu diesen Partnern zählen unter anderem Perspective Daily, The Buzzard, Übermedien und Zündfunk. Und auch die User haben jetzt die Möglichkeit, Empfehlungen abzugeben und zu bewerten. Piqd wird also interaktiver und entwickelt sich in Richtung eines sozialen Netzwerks. Mit der so gestärkten Community stehen dem Team dann, so die Hoffnung, alternative Finanzierungsformen offen, zum Beispiel in Form eines jährlichen Crowdfundings.

 


(c) Alle Bilder Sebastian Preiß

ProjectTogether – gemeinsam Ideen verwirklichen

Pro­ject­To­ge­ther hilft Men­schen ihre Ideen zur Lö­sung ge­sell­schaft­li­che­r Pro­ble­me in die Tat um­zu­set­zen

Probleme und Ideen zu ihrer Lösung gibt es viele. Doch ein großer Teil wird nie umgesetzt. Vielleicht, weil man nicht weiß, wo man anfangen soll, weil einem als Start-Up das Geld fehlt oder man es sich alleine nicht zutraut. Genau hier setzt ProjectTogether an. „Für uns ist jede Idee wertvoll“, sagt Maximilian Schlereth, Mitgründer und ehrenamtlicher Mitarbeiter von ProjectTogether.

Daher ist der Weg Unterstützung von ProjectTogether zu bekommen auch sehr niedrigschwellig: Es bedarf keinem zehn Seiten langen Antrag, sondern einfach zwei Klicks und einer kurze Beschreibung zur Idee auf ihrer Webseite. Anschließend wird überlegt, welche Unterstützung sinnvoll ist und dem Projekt wird ein passender Coach zur Seite gestellt. Diese Phase läuft mittlerweile automatisiert ab. Mithilfe eines Logarithmus und der Abfrage nach Interesse und Herausforderungen der Gründer, werden diese mit einem passenden Coach gematcht. Das spart dem größtenteils ehrenamtlichen Team von ProjectTogether viel Arbeitszeit, die sie so ins Coaching oder ins Akquirieren neuer Partner stecken können.  Nicht zwangsläufig ist der Coach jemand, der inhaltlich etwas mit dem Thema zu tun hat, sondern er soll jemand sein, der Struktur gibt, die richtigen Fragen stellt und auch immer wieder nachhakt, wie es voran geht – das geht auch oft über Telefon.

Motivation und Struktur

Die Coaches sind ganz unterschiedlich – vom Studenten, über Professoren, bis hin zum CEO eines Unternehmens. Bevor diese Personen aber selber coachen dürfen, durchlaufen sie ein methodisches Seminar, in dem sie vor allem lernen, dass sie keine Berater sind, die Lösungen anbieten, sondern den Hilfesuchenden strukturell anleiten. „Wir sagen ihnen immer wieder: Ihr gebt Struktur, ihr gebt Motivation und dabei ist es wichtig, dass ihr die Ideen spiegelt und nicht die Lösungen entwerft“, erklärt Maximilian.

Mitgründer von ProjectTogether Maximilian Schlereth. (c) Caroline Deidenbach

Die Idee, anderen bei der Verwirklichung ihrer Projekte zu helfen, begleitet den Jurastudenten schon lange. Bereits mit 17 Jahren ging er mit einem Stipendium an das United World College in die USA, um sein IB, ein International Baccalaureate Diploma (Weltabitur) zu machen. Bereits hier lernte er Probleme systemisch zu betrachten und Community-Projekte umzusetzen. Anschließend ging er an das University College London (UCL) um englisches und deutsches Recht zu studieren.

Als Mitglied der German Society lernte er Philipp von der Wippel, seinen Mitgründer, kennen, der als Schüler in Oxford auch bei der German Society war. Beide haben die Erfahrung gemacht, dass ihnen viele Möglichkeiten in ihrem Leben gegeben wurden, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Gleichzeitig haben sie gesehen, dass für andere die Hürden manchmal sehr hoch sind und daher gute Ideen nicht realisiert werden. Mit der Gründung von ProjectTogether 2014 wollten sie das ändern.

Jede Idee hat ihre Berechtigung

Mittlerweile haben sie über 700 Projekte, Initiativen und Start-Ups begleitet – eins davon ist der Aias e.V., ein von Studierenden gegründeter Verein in München, der Mitstudierende dazu anregt, sich als potenzielle Stammzellenspender registrieren zu lassen. Sie haben es geschafft, dass sich 2.300 Menschen an der Hochschule in München registrierten und wollten die Idee auch in anderen Städten und Universitäten umsetzen. Da haben sie sich an ProjectTogether gewandt und mit ihrer Hilfe sind sie nun in 28 deutschen Städten vertreten und haben 30.000 potenzielle Spender registriert. Maximilian gefiel das Projekt persönlich so gut, dass er sich bis heute für den Verein engagiert. Neben solchen Non-Profit-Ideen, werden auch andere Projekte unterstützt wie die App SitEinander, die es Eltern ermöglichen soll sich das Babysitten mit Freunden oder Arbeitskollegen kostenlos zu teilen. Oder ein Student, der die Noten eines verstorbenen Komponisten digitalisieren wollte. Dabei ging es nur darum, diese Musik der Nachwelt zugänglich zu machen – ein Geschäftsmodell spielte hier natürlich keine Rolle. Es gibt keine Idee, die für ProjectTogether wertlos wäre oder, die sie nicht ernsthaft prüfen. Denn jeder soll die Möglichkeit und die Unterstützung bekommen, seine Ideen umsetzten, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht sinnvoll oder lebensfähig erscheinen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Inhalt entsperren Erforderlichen Service akzeptieren und Inhalte entsperren

Viele Projekte und Anfragen bedeuten viel Arbeit – finanziert wird das Start-Up von Stiftungen und öffentlichen Geldern. Bezahlt werden davon vier Vollzeitangestellte. 25 weitere aus dem Team und auch die 400 Coaches, Mentoren und Experten, arbeiten ehrenamtlich. Um in Zukunft noch mehr Unterstützung leisten – auch finanziell – schließt sich ProjectTogether mit größeren Partnern zusammen. So zum Beispiel in 2018 mit dem Automobilhersteller Mini Deutschland zum Thema Urbanität. Fortgeschrittenen Gründern soll so die Möglichkeit gegeben werden, die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen. Dabei könnte ProjectTogether den Weg eines Inkubator einschlagen, denn es geht vor allem auch darum, das Wissen und die Ideen dieser Projekte zu bündeln und für Veränderung zu nutzen – politisch, wie wirtschaftlich.  Der Gewinn des Europäischen Unternehmerförderpreises 2018 der Europäischen Kommission, lenkte auf jeden Fall einiges an Aufmerksamkeit auf sie. „Wir sehen uns als Schnittstelle“, sagt Maximilian: „Engagement ist für mich die neue Form der Demokratie. Wir müssen anpacken und nicht die Schuld auf das System abwälzen – sondern das System durch gesellschaftliche Partizipation umwandeln.“

RECUP – To-go-Becher nachhaltig gestalten

Pfand statt Einwegbecher, auch beim Kaffee für unterwegs

Am Morgen halb aus dem Bett in die Dusche gefallen, schnell angezogen und dann ab Richtung Uni oder Arbeit. Auf dem Weg holt man sich dann noch einen Coffee-to-go, der, sobald er nicht mehr die Zunge verbrennt, schnell heruntergespült wird. Offensichtlich geht es nicht mehr ohne den Wachmacher aus dem Einwegbecher. Aber auch nicht mit: Nach kurzer Zeit landet der Becher in der Tonne –  oder daneben. Und das allein in Deutschland 320.000 Mal in der Stunde.

Der Einwegbecher ist für viele das Paradebeispiel unserer Wegwerfgesellschaft, die nur konsumiert und schnell durch Neues ersetzt. Aber es gibt Alternativen: Zum Beispiel den eigenen Kaffeebecher ins Café mitbringen. Aber den müsste man immer dabei haben, wenn man mal eben unterwegs Lust auf Kaffee hat. Für viele ist das nicht alltagstauglich. Abhilfe schaffen da die Gründer des Münchner Start-Up RECUP, die mit einem Pfandsystem für wiederverwendbare Becher die komplette Coffee-to-go Landschaft aufrollen.

Pfand statt Einweg

Fabian Eckert und Florian Pachaly haben sich ganz unabhängig voneinander Gedanken über das Becherproblem gemacht. Der Münchner Fabian hat Leadership for Sustainability in Malmö, Schweden, studiert und hat für ein Projekt an seiner Universität die Pappbecher in den Cafeterien gegen Tassen ausgetauscht – das Thema ist hängen geblieben. Beide erzählten am exakt gleichen Tag Julia Post, der Macherin der Kampagne gegen Einwegbecher  „Coffee-to-go-again“, von ihrer Idee. „Jetzt habt ihr mir an einem Tag genau dasselbe erzählt. Ihr solltet unbedingt miteinander reden“, meinte Julia da zu Florian.

Gründer Florian Pachaly im Münchner Café gangungäbe, das seine Einwegbecher durch die RECUPs ausgetauscht hat.

Danach ging alles sehr schnell. Innerhalb von drei Monaten starteten die Jungs ihre Testphase in Rosenheim, um herauszufinden, ob so ein Pfandsystem für Coffee-to-go-Becher überhaupt funktioniert. Weder Logo noch Becher waren bis zu dem Zeitpunkt wirklich ausgreift und trotzdem kamen schnell 26 Partner vor Ort zusammen, die teilweise ihre Becher nicht mal mehr zurückgeben wollten. „Wir wollten eigentlich nach acht Wochen erst einmal alle wieder einsammeln und die Ergebnisse auswerten, aber viele Cafés wollten weiter machen“, sagt Florian. Also blieben die Becher wo sie waren und gleichzeitig wurden neue, schönere Becher in zwei verschiedenen Größen und Farben in Auftrag gegeben.

Sie sind, wie Tupperware, aus Polypropylen, ein recycelbarer Kunststoff, der hitzebeständig, bruchsicher, lebensmittelecht und leicht ist. Der Hersteller garantiert 500 Spülgänge und im Test mit einem Spülmaschinenhersteller wurden sogar 1000 Spülgänge mit Erfolg getestet. Sollte ein Becher kaputt gehen, sendet RECUP ihn einfach zurück an den Hersteller, einem mittelständigen Unternehmer im Allgäu, der das Material wiederverwenden kann. Aber auch wenn er im Müll landet, wird er von den meisten Abfallwirtschaftssystemen aussortiert und in einen gesonderten Kreislauf gegeben. Seit einiger Zeit läuft bei der Deutschen Umwelthilfe außerdem eine Studie zur Ökobilanz von Mehrwegbechern – und auch der RECUP ist dabei. „Es kam heraus, dass bei 20-maliger Nutzung der RECUP nachhaltiger ist, als ein Einwegbecher“, sagt Johanna Perret von RECUP, die seit Beginn am Aufbau des Start-Ups mitgearbeitet hat.

 

Die RECUP-Gründer Fabian (links) und Florian (rechts)                                                                                                                     (c) RECUP

RECUP goes Südafrika

Mittlerweile gibt es über 2.000 Partner in ganz Deutschland, die Teil des RECUPS-Pfandsystems sind, unter anderem in größeren Städten wie Hamburg, München, Berlin und Köln, aber auch in kleineren Städten, wie Oldenburg, Ludwigsburg, Augsburg oder Böblingen – und in ganzen Regionen, wie dem Allgäu, dem Bodensee oder Schwäbisch Hall. Alle Partner sind übersichtlich auf der RECUP-Karte (www.recup.de/app oder als Download-App) verzeichnet. Das RECUP-Team ist dementsprechend gewachsen. Waren es Ende 2016 nur Fabian und Florian, so sind es nun ganze 23 Mitarbeiter, die den Betrieb am Laufen halten. Selber finanzieren können sie sich aber noch nicht. Denn den einzigen Verdienst, den sie an dem Pfandsystem haben, ist der monatliche Mitgliedsbeitrag von einem Euro pro Tag pro Standort der Cafés. Seit 2018 gibt es aber auch ein Kaufprodukt: den Deckel, der nicht beim Pfandsystem dabei ist. „Nicht alle Partner wollen einen Deckel, zum einen, weil sie es nicht als nötig erachten und zum anderen aus hygienischen Gründen“, erklärt Johanna. Neu hinzu kam auch der 0,2 Liter Becher als dritte Größeneinheit in der To-go-Becher-Familie und bisher gibt es bereits 24-Städte-Kooperations-Editionen.

Das Jahr 2018 war für RECUP also ein Jahr voller Veränderungen und Wachstum. Ein Highlight war hier der Preis für den Gründer des Jahres, bei dem RECUP einer von acht Gewinnern war. Auch 2019 soll es so weitergehen und vor allem soll die Frage der Internationalisierung angegangen werden, für die es bisher noch keine konkrete Lösung, aber viele Ideen gibt. Anfang des Jahres überraschte das Start-Up dann alle mit der Mitteilung, dass es ab jetzt RECUP auch in Südafrika geben wird. „Unser Ziel ist es, dass es bald keine Einwegbecher mehr gibt“, sagt Florian.


(c) Alle Bilder Sebastian Preiß

fairafric – Naschen für den guten Zweck

fairafric stellt die fairste Schokolade der Welt her. Wie? Indem sie die „Speise der Götter“ komplett in Ghana produzieren.

116 Tafeln Schokolade pro Jahr isst der Deutsche im Durchschnitt. Damit liegt der Konsum hierzulande noch über dem der Schweiz. Doch die Basis für Schokolade, die Kakaobohne, kommt ganz woanders her. Ursprünglich wuchs der Kakaobaum im nördlichen Südamerika, sowie in Mittelamerika. Die Frucht wurde von den Maya und Azteken auch als „Speise der Götter“ bezeichnet. Mittlerweile hat sich die Produktion aber vor allem nach Westafrika verschoben – etwa 70 Prozent der Kakaobohnen kommen aus diesen Regionen, mit der Elfenbeinküste und Ghana an der Spitze. Das Problem: Der Preis für die Kakaobohnen ist so niedrig, dass viele Bauern ums Überleben kämpfen müssen – nicht nur die konventionellen Bauern, sondern auch die, die nach Fairtrade-Standards arbeiten.

Die Schokolade von fairafric kommt aus Ghana, aber eben: nicht nur die Kakaobohnen, sondern die gesamte Schokolade. Der Gründer des Start-Ups, Hendrik Reimers, ist ein bekennender Schokoladenliebhaber, ein Hobby-Chocolatier und Afrikafan. Nach seinem BWL-Studium hat er erst eine ganz klassische, betriebswirtschaftliche Karriere gemacht und hat bei großen Firmen wie SAP und IBM gearbeitet. Anfang 2016 kam Marc Schiff-Francois zum fairafric-Team dazu, der dieses bis Ende 2018 begleitete und mittlerweile auf Grund eines privaten Ortswechsels nicht mehr mit dabei ist.

Schokolade made in Africa

Auf die Idee mit der Schokolade kam Hendrik als er ein Jahr mit seiner Freundin in Kairo lebte. Von dort aus unternahm er viele Reisen durch Afrika. Als er eine Zeit bei einer Kaffee-Kooperative in Uganda verbrachte, merkte er, wie sehr das die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbesserte. Wäre das nicht auch mit Kakao und Schokolade möglich? Diese Idee ließ ihn nicht mehr los. Zurück in Deutschland arbeitete erst noch einmal bei einem Software-Start-Up, um sich ein Startkapital zusammenzusparen. Nebenher baute er seine Kontakte in Afrika aus und machte in seiner Küche in München Experimente mit eigens hergestellter Schokolade – von der Kakaobohne bis zur Tafel.

Gründer Hendrik Reimers mit Kakaofarmern in Ghana.

In Ghana fand Hendrik Ende 2015 ein halbstaatliches Unternehmen, dass auch Schokolade produzierte – kleine, 20-Gramm-Täfelchen thermoresistenter Schokolade für den lokalen Markt. Hendriks Idee: die Schokolade vor Ort zu produzieren, damit mehr von der Wertschöpfungskette im Land bleibt. Denn der  Gewinn an der Schokolade, 70 Prozent um genau zu sein, bleibt normalerweise bei den Schokoladenproduzenten. Die Kakaobauern bekommen weniger als zehn Prozent des Preises einer verkauften Schokolade. Selbst die Fairtrade-Zertifizierung bringt den Bauern nur wenige Cent mehr ein als der Verkauf von konventionellen Kakaobohnen.

Um die Idee voran zu treiben und die ersten Tafel produzieren zu lassen, startete Hendrik im August 2016 eine Kickstarter-Kampagne – ein voller Erfolg. Fairafric will aber viel mehr, als nur Schokolade produzieren. Hendrik sieht sich und sein Team als Mittelsmänner an. Vor Ort arbeiten nur Ghanaer und die Kakao-Kooperative hat sogar eine Frauenquote von 50 Prozent. fairafric hilft ihnen, einen Fuß in den westlichen Markt zu bekommen, der ihnen sonst versperrt wäre. Mittlerweile hat das Start-Up eine so große Fangemeinde, dass sie im April 2017 und im Oktober 2018 weitere Kickstarter-Kampagnen starteten und beide Male mehr als doppelt so viele Gelder bekamen, wie als Mindestsumme benötigt wurde. Durch die Kampagnen war es fairafric möglich, mehr Sorten anzubieten – seit der zweiten Kampagne auch in der klassischen 100-Gramm-Packung – und auch mit einem Bio-Siegel zu versehen. Außerdem arbeitet das Team seit einer Weile an einer kompostierbaren Verpackung.

Das Team von fairafric (von li nach re): Vorne: Hendrik Reimers und Julia Gause. Hinten: Yayra Glover, Charlotte Knull und Bea Draese.

Fair in allen Situationen

Die letzte Lieferung von fairafric hat die Vorgaben für die Bio-Zertifizierung leider nicht erfüll. Die Kakaobohnen der  Partnerkooperative Yayra Glover, mit der sie arbeiten, haben die Bio-Standards nicht erfüllt und konnten daher kein Bio-Siegel bekommen. Hendrik beschloss, trotzdem ihre Ware zu kaufen und ihnen den Bonus von 600$ pro Tonne Bio-Kakaobohnen auszuzahlen. Schließlich sind er und sein Team auch eine soziale Verantwortung mit der Kooperative eingegangen – und die nächste Charge wird dann auch hoffentlich wieder Bio sein. Auch auf die weiteren Zutaten der Schokolade wird viel Wert gelegt. Nicht immer ist es möglich Fahrtwege zu vermeiden und nur afrikanische Produkte zu nutzen, da sie oft schwer in Bio-Qualität zu bekommen sind – Milchpulver wird in Afrika beispielsweise so gut wie gar nicht genutzt und daher kommt es für die fairafric-Schokolade von einem Demeter-Hof im Berchtesgadener Land. Den Zucker wird aber es wahrscheinlich schon 2019 aus Afrika geben.

Um das ganze Unternehmen noch fairer zu machen, ist Hendrik Ende 2018 noch einen großen Schritt weitergegangen. Er hat eine Stiftung gegründet und im Zuge der Kickstarter-Kampagne konnten die Käufer Farmer-Anteile an fairafric verschenken. Damit werden die Farmerinnen und Farmer der Kakaobohnen in Zukunft auch an den Gewinnen des Start-Ups beteiligt sein.


(c) Alle Bilder fairafric

  • « Vorherige Seite
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • Nächste Seite »

Ein Projekt der

Hans Sauer Stiftung

  • Menschen
  • Wissen
  • Aktuelles
  • Über uns
  • Kontakt
  • Impressum
  • Datenschutz
  • Cookie Einstellungen

copyright relaio © 2025