Die Zukunft Europas geht uns alle etwas an. Wie sie aussehen soll, kannst du bald wählen.
Europa kann man wählen, genauer gesagt, dessen Parlament. So wird aller fünf Jahre direkt von den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union bestimmt, wer einen Sitz als Europaabgeordnete*r erhält und die Geschicke eines ganzen Kontinents lenken wird. Ganz schön wichtig also, gleichzeitig aber auch ziemlich egal. Das zumindest empfinden laut ZDF-Politbarometer mehr als 51 Prozent der in Deutschland Wahlberechtigten. Ein Grund dafür dürfte darin bestehen, dass das politische Treiben in Straßburg und Brüssel in ungreifbarer Ferne zu liegen scheint. So kennen etwa mehr als drei Viertel der dort Befragten nicht den Spitzenkandidat oder -kandidatin von Union und SPD.
Gleichzeitig ist das Interesse an den Europawahlen höher als vor fünf Jahren. Woran liegt das? Vielleicht an den großen Themen unserer Zeit, die schon lang keine Trends, sondern alltägliche Probleme des Alltags geworden sind. So ist Naturschutz längst kein Randthema im alltäglichen Politzirkus mehr, genauso wenig wie der Bedarf nach erneuerbaren Energien und alternativen Mobilitätskonzepten. Aber auch das Geschrei unzähliger Nationalisten und Stimmenfänger am rechten Rand der Gesellschaft ist nicht leiser geworden. Umso wichtiger ist es also, seine eigene Stimme nicht verstreichen zu lassen, um aktiv an einer europäischen Idee mitzuwirken.
Wann kann ich wählen?
Ende Mai ist es wieder soweit, dann öffnen sich in ganz Europa die Wahllokale zur Europawahl 2019. Wie in Europa gewählt wird, regelt jeder Mitgliedsstaat eigenständig. In Deutschland kannst du dein Stimme am Sonntag, den 26. Mai abgeben.
Darf ich selbst wählen?
Zusammen mit Großbritannien dürfen rund 427 Millionen Europäer*innen ihre Stimme abgeben. Darunter sind rund 64,7 Millionen Personen allein in Deutschland zur Wahl zugelassen. Das Besondere: nicht alle davon sind deutsche Staatsbürger*innen. Denn bei der Europawahl ist man in erster Linie Unionsbürger*in und als solche*r muss man nicht zwangsläufig im eigenen Herkunftsland wählen, sondern reicht es aus, im jeweiligen Mitgliedsstaat seit mindestens drei Monaten über eine Wohnung zu verfügen und sich dort auch regelmäßig aufzuhalten. Mehr Infos dazu findest du hier. Aber ob nun Deutsche*r oder Unionsbürger*in aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat, wer wählen will, sollte:
- mindestens 18 Jahre alt und in einem Wählerverzeichnis eingetragen sein
- eine deutsche Staatsbürgerschaft bzw. europäische Unionsbürgerschaft besitzen
- seit mindestens drei Monaten in der Europäischen Union über eine Wohnung verfügen und sich dort auch gewöhnlich aufhalten
- weder in Deutschland noch in einem anderem EU-Mitgliedsstaat vom Wahlrecht ausgeschlossen sein
Wo kann ich wählen gehen?
Wo genau du erscheinen musst, um deine Stimme zu vergeben, erfährst du in deiner persönlichen Wahlbenachrichtigung. Diese solltest du per Post bereits erhalten haben. Alles wichtige kannst du aus ihr entnehmen. So beispielsweise alle Informationen über:
- den Wahltag,
- die Wahlzeit,
- den Ort des Wahllokals und
- die Gegebenheiten zur Barrierefreiheit
Kannst du zum besagten Termin nicht in deinem Wahllokal erscheinen, hast du ebenso die Möglichkeit deine Stimme per Briefwahl abzugeben. Die dazu nötigen Unterlagen kannst mit dem vorgedruckten Antrag auf deiner Wahlberechtigung beantragen oder schriftlich wie online anfordern. Weitere Informationen dazu findest du hier.
Wieviel Stimmen habe ich und wer wird gewählt?
Grundsätzlich besitzt jede*r Wahlberechtigte*r genau eine Stimme. Das bedeutet, dass du genau ein Kreuz auf dem Wahlzettel machen darfst, soll deine Wahl gültig bleiben. Mit deiner Stimme werden die Abgeordneten im Europaparlament und indirekt der Vorsitz der europäischen Kommission gewählt. Dafür kannst du deine Stimme einer Partei oder politischen Vereinigung geben, die vorher ihre Kandidaten und Kandidatinnen in einer sogenannten Wahlliste festgelegt hat. Ein Muster für den aktuellen Wahlzettel findest du hier.
Insgesamt bewerben sich hierzulande 1.380 Bewerber*innen um die 96 Plätze im Europäischen Parlament, die an Vertreter*innen aus Deutschland vergeben werden. Die wiederum treten in insgesamt 41 Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen zur Wahl an. Einmal gewählt sitzen die Vertreter*innen dann in neun europäischen Fraktionen. Eine Übersicht zu den Personen hinten den einzelnen Listenplätzen sowie den Spitzenkandidaten und -Kandidatinnen findest du hier.
Warum sollte ich überhaupt wählen gehen?
Gründe um Wählen zu gehen gibt es viele. So gilt generell: Wer das Recht zur Wahl hat, besitzt vor allem ein wertvolles Recht zur Selbstbestimmung. Eine große Wahlbeteiligung schützt zudem vor dem Einzug extremer, etwa national-konservativer Parteien ins Parlament. Solche politischen Gruppierungen schaffen es immer wieder in Parlamente einzuziehen, da sie zwar nur eine kleine, aber dafür starke Wahlbeteiligung unter ihren Sympathisanten besitzen. Deine Stimme kann dagegen ein Zeichen setzten und wird somit ein wertvolles Mittel gegen Extremismus. Das gilt umso mehr, sofern du deine Stimme in Deutschland abgibst. Denn im Gegensatz zu den restlichen Mitgliedsstaaten gibt es hierzulande keine Sperrminorität. Das heißt, radikale Kleinstparteien können auch ohne einen bestimmten Mindestanteil an Stimmen in das Parlament einziehen.
Wie wichtig ist die Europawahl?
Das Europäische Parlament, ist die Vertretung der einzelnen Bürger und Bürgerinnen in der Europäischen Union. Dabei übernimmt sie wichtige Aufgaben, wie etwa den Beschluss von Gesetzen, die Kontrolle der europäischen Exekutive sowie die Gestaltung des Finanzhaushalts und politischer Debatten. Das Wirken des Europäischen Parlaments betriffts uns also alle und kann gleichzeitig ein Mittel für die Verwirklichung nachhaltiger Ziele sein.
Um was geht es eigentlich?
Mit der Wahl des Europäischen Parlaments wird außerdem entschieden, wie mit heiß diskutieren gesellschaftlichen Fragen und Problemen umgegangen und somit unsere Zukunft gestaltet werden soll. Manche behaupten sogar, dass die aktuelle Europawahl die wichtigste sei, die es je gegeben hat, ja sogar von einer „Schicksalswahl“ ist die Rede. Warum das so ist, dürfte an den Themen liegen: Brexit, Europäischer Mindestlohn und innere Sicherheit sind nur einige davon. Schicksalhaft wird die Wahl aber auch deshalb, da die in Europa etablierten Parteien immer mehr Stimmen verlieren, während etwa rechtspopulistische Parteien immer mehr Zuspruch erhalten und mit ihren anti-europäischen Weltbild die EU ernsthaft gefährden könnten.
Für wen soll ich mich entscheiden?
Welche Partei du wählst, bleibt ganz allein deine Entscheidung. Aber wie heißt es so schön: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Mag das nach eine Phrase klingen, steckt dahinter jedoch eine ganz reale Erkenntnis. Denn wählen zu gehen, erfordert oft im Vorfeld einiges an Recherche. So gilt zu klären wer die eigenen Interessen in Europa am besten vertritt. Ein gute und erste Anlaufstelle bieten dafür ganz klar die Wahlprogramme der einzelnen Parteien. Eine Übersicht zu den Wahlprogrammen der deutschen Parteien und sonstigen politischen Organisationen findest du hier.
Eine weitere und effizientes Informationsangebot zur Europawahl bietet der sogenannte Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019. Seit 2002 gibt es nun schon das Angebot, initiiert von der Bundeszentrale für politische Bildung. Das Frage-Antwort-Tool bietet seinen Nutzern die Möglichkeit anhand der Beantwortung von 38 Thesen herauszufinden, welcher Partei man selbst am nächsten steht.
Wie kann ich die Debatten zur Europawahl mitverfolgen?
Die gute Nachricht gleich vorweg: Wer sich über die Europawahl informieren will, kann auf eine große Vielzahl von Berichterstattungen und Debatten in TV-, Print- oder Onlinemedien zurückgreifen. Arte stellt etwa mit ihrem Themenschwerpunkt „Europa 2019“ ein großes Angebot an Information und Fakten zur Wahl zur Verfügung. Zudem gibt es Hintergründe und Portraits zu verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Akteuren und Akteurinnen innerhalb der Europäischen Union. Bereits am 07. Mai trafen sich die Spitzenkandidaten der beiden größten Europäischen Fraktion zum TV-Schlagabtausch. Das TV-Duell zwischen Manfred Weber (Europäische Volkspartei) und Frans Timmermanns (Sozialdemokratische Partei Europas) kannst du online hier abrufen. Wer die Europawahlen aus einer weniger nationalen und eher ganzheitlich europäischen Perspektive mitverfolgen will, findet eine Vielzahl weiterer Informationen etwa auf der Themenseite zur Europawahl 2019 von Euronews.
(c) Titelbild: European Union, 2019