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Slow Fashion – Langlebig und zeitlos

4. Februar 2019 By

Die Slow Fashion-Bewegung will, dass auch im Bereich Mode ein Umdenken stattfindet: Weg vom Konsumieren, hin zur nachhaltigen Wertschätzung.

Jährlich kaufen die Deutschen im Durchschnitt 60 neue Bekleidungsteile – 20 Prozent der Kleidung, die wir besitzen, tragen wir überhaupt nicht und den Rest nur etwa vier Mal, bevor wir sie entsorgen. In wenigen Bereichen des Lebens kann sich der Mensch so offensichtlich individuell darstellen, wie mit dem, was er am Leibe trägt. Hinzu kommt, dass sich Trends immer wieder verändern, genauso wie der eigene Geschmack im Laufe der Zeit. Bis zu zwölf Kollektionen bringen Modelables jährlich raus. Damit wollen sie beim Kunden das Bedürfnis nach „mehr“ wecken: Oft mit Erfolg. Doch woher diese Kleidung eigentlich kommt, die wir so oft viel zu günstig und deshalb vor allem auf Kosten anderer konsumieren, das wurde sich lange nicht gefragt. Doch spätestens seit dem Fabrikunglück 2013 in Bangladesch in einer Textilfabrik, bei dem 1.135 Menschen starben und 2.438 verletzt wurden, interessieren sich mehr Menschen für die Herkunft und die Herstellungsbedingungen ihrer Kleidung. Ein Thema, das auch Andrew Morgan in seinem Dokumentarfilm „The True Cost“ behandelt“.

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Nach diesem Vorfall in Bangladesch, schlossen sich verschiedene internationale Gewerkschaftsdachverbände, wie UNI Global Union IndustriALL, und Nichtregierungsorganisationen, wie die Kampagne für Saubere Kleidung, zusammen und verfassten ein Abkommen, das bessere Arbeitsbedingungen, unabhängige Kontrollen und bessere Bezahlung für die Arbeiter in Bangladesch veranschlagte. Diese Richtlinien mussten innerhalb 45 Tage nach der Unterschrift umgesetzte werden. Zu den Unterzeichnern gehören auch H&M, Benetton, Aldi Süd, Tchibo und Mango. Doch auch wenn das erste Schritte waren, so änderte dies jedoch nichts an der Verkaufsstrategie der Firmen, die weiterhin ihre „Fast Fashion“ vorantreiben, anstatt auf einen nachhaltigeren Konsum mit mehr Qualität zu setzen. Dies soll jetzt jedoch mit einer neuen Art der Mode, der Slow Fashion, auch in der breiten Masse ankommen.

Bewusstsein schaffen

Geprägt hat den Begriff die Forscherin und Autorin des Buches „Sustainable Fashion and Textiles: Design Journeys“ Kate Fletcher. 2010 gründete die Professorin am Centre for Sustainable Fashion des London College of Fashion das Unternehmen Slow Fashion Consultancy, welches durch unterschiedliche Kampagnen auf nachhaltigen Konsum aufmerksam machen will. Grundgedanken ihres Slow-Fashion-Begriffs sind die Wiederverwendbarkeit, die Reduzierung und das Recycling von Textilien. Doch was unter Slow Fashion verstanden wird, ist sehr unterschiedlich. Für die einen ist es wichtig, dass vor allem im eigenen Land, also regional, hergestellt wird. Andere wiederum legen viel Wert auf die Langlebigkeit des Produkts und dessen Qualität, auch wenn es sich beispielsweise nicht immer um Bio-Baumwolle handelt. Das Ideal wäre wohl alle folgenden Kriterien unter einen Hut zu bringen:

  1. Langlebigkeit: Slow Fashion hat eine kurze Produktionskette, ist keine Saisonware und ist hochwertig verarbeitet. Die Langlebigkeit führt automatisch dazu, dass Ressourcen geschont werden und die Umwelt somit weniger belastet wird.
  2. Gesamtbild: Slow Fashion, das ist nicht nur das T-Shirt oder der Rock, sondern auch das ganze Drumherum. Die Arbeitsbedingungen, das soziale Gefüge der Arbeiter, das Material, die Lieferwege und die Geschichte, die dahinter steckt und sozusagen durch die Mode erzählt wird.
  3. Diversität: Slow Fashion ist nicht nur das nachhaltige Modelabel mit dem Öko-Zertifikat, Slow Fashion ist auch der Flohmarkt, der Tausch von Klamotten mit der besten Freundin, das Leihen von einem Kleid für einen besonderen Anlass oder das Upcycling von Klamotten, die man dadurch wieder aufwerten kann.
  4. Bewusstsein: Slow Fashion ist vor allem das Bewusstsein, was hinter der Produktion von Mode steckt und sich wirklich zu fragen, was man braucht und was nicht. Also nicht nur zu kaufen, sondern sich bewusst Fragen zu stellen und Verantwortung für seinen eigenen Konsum und seine Auswirkungen zu übernehmen.

Noch verbinden viele Leute faire, ökologische Mode mit einem eher unmodernen Still und mit höheren Preisen. Mittlerweile gibt es jedoch viele stylische Klamotten und Accessoires, die gut aussehen und zudem noch länger halten, als die Saisonware der Modeketten. Preislich sind sie natürlich noch gehoben, doch geht es bei der Slow Fashion schließlich auch darum, dass man nur ein T-Shirt und nicht drei kauft. Labels und Geschäfte, die Slow Fashion verkaufen sind unter anderem  Armedangels, Hess Natur, ThokkThokk und  Nudie Jeans. Viele Ideen in diesem Bereich sind aber auch erst im Entstehen und werden durch Crowdfunding- Kampagnen voran gebracht. Wie auch das Modelabel Khala.

Die Mode von Khala ist bunt, modern und nachhaltig. (c) Caroline Deidenbach

Entstanden ist die Idee zu Khala relativ spontan, als Gründerin Melanie Rödel mit Viva con Agua für ein Brunnenprojekt in Malawi war. Erst ist der Entstehungsphase stellte sie fest, wie kompliziert die Produktion von Mode ist, vor allem wenn sie nachhaltig und ökologisch sein soll. Das Start-Up verbindet europäische Schnitte mit malawischen Stoffen – zu bezahlbaren Preisen. Für sie ist der erste Schritt die soziale Nachhaltigkeit vor Ort in Malawi zu fördern. Das bedeutet am Ende faire Bezahlung, Urlaubstage und eine Krankenversicherung für die Schneider vor Ort. Zukünftige Schritte wären dann auch die Produktion von Bio-Baumwolle und eine nachhaltige Lieferkette. Über die Weiterentwicklung ihrer Geschäfte berichten die Macher von Khala übrigens auch auf relaio in ihrer Kolumne.

Die Kleidung ist für viele nachhaltige Modelables ein Weg die Informationen über Produktionsbedingungen und Nachhaltigkeit unter die Menschen in Europa zu bringen, in der Hoffnung, dass sich ihre Kunden mit dem Thema auseinandersetzen. Kritisch kann man dabei natürlich sehen, dass wieder etwas konsumiert wird – also Ressourcen verbraucht werden und damit eigentlich wieder nur der klassische Markt bedient wird. Doch genauso muss bedacht werden, dass sich, vielleicht auch nur im Kleinen, vor Ort etwas ändert, wenn beispielsweise ein malawischer Schneider mit dem Geld seine Kinder auf die Schule schicken kann. Nicht zu vergessen, wenn wenigsten ein Teil der Kunden anfängt sich Gedanken über den eigenen Konsum zu machen und diesen zu reduzieren, dann hat schon Wirkung gezeigt.

Gründen? Unbedingt! – Der Social Start-Up Guide

8. März 2019 By

Wer Gründen will, muss risikobereit sein und nimmt viel Mühen auf sich. Das kann sich lohnen, vor allem dann, wenn man weiß, wo es Hilfe gibt.

Einfach mal sein eigenes Ding durchziehen – ein Wunsch, den immer mehr Menschen haben, vor allem dann, wenn es um den eigenen beruflichen Werdegang geht. Ganz konkret nimmt so ein eigenes Ding dann ganz unterschiedliche Formen an. Die meisten etwa als Start-Up. So weit so gut, aber auch ziemlich schwierig. So sinkt laut dem deutschen Startup Monitor 2018  die Zahl der Start-Up-Neugründungen seit einigen Jahren stetig. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ausschlaggebend dabei ist die gesamtmarktwirtschaftliche Situation. So führt die gegenwärtig positive konjunkturelle Entwicklung dazu, dass Notgründungen als Alternative zur Joblosigkeit rückgängig sind, da gleichzeitig eine bestehende Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten lukrativer sind als die finanziellen Perspektiven, bei einer eigenen Gründung. Aber auch ein anderer Trend lässt sich beobachten. So stieg, nach dem KfW-Gründungsmonitor 2018 zu Folge, der Anteil der „Chancengründer“ am Gesamtanteil aller Entrepreneure in Deutschland auf 60 Prozent. Immer mehr Unternehmer und Unternehmerinnen ergreifen also nicht bloß aus pragmatischen Gründen die Initiative, sondern handeln aus voller Überzeugung zur Notwendigkeit ihrer Idee heraus. Ein großer Teil dieser Ideen wiederum ist nachhaltig geprägt und verfolgt das Ziel einen positiven Beitrag zu gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. So ordnen sich 32 Prozent der im Startup Monitor befragten Entrepreneure dem Bereich der Green Economy oder des Social-Entrepreneurships zu.

Herausforderungen für Start-Ups gibt es viele, dafür aber auch genügend Unterstützung. (c) Deutscher Startup Monitor 2018

Gründen ist also nicht nur ökonomisch wertvoll, sondern auch aus ökologischer und sozialer Hinsicht von großer Bedeutung. So hat etwa das Start-Up RECUP den Nerv der Zeit getroffen, indem es mit einem smarten Pfandsystem einen nicht unwesentlichen Beitrag zum alltäglichen Umweltschutz leistet. Andere – darunter auch Vereine und Non-Profit Organisationen – wie die soziale Initiative Brot am Haken e.V.,stellen etwa Kunden einer Bäckerei eine Plattform zur Verfügung, um Nahrungsmittel an Andere zu spenden. Sicher, ob sozialer Verein oder Social-Start-Up – gründen bedeutet oft viel Arbeit bei nur wenig Sicherheit. Aber es gibt Unterstützung in jeder Phase der Verwirklichung des eigenen Projekts. relaio hat nachgesehen wer, wie, wann und wo die richtige Hilfe anbietet. Die wichtigsten Unterstützer haben wir in unserem Start-Up-Guide für Social-Entrepreneure festgehalten.

Auf die Idee kommt es an

In der ersten Phase der Gründung steht ganz klar die eigene Idee im Mittelpunkt. Sie auszuarbeiten und in ein ausgearbeitetes Konzept zu gießen, erfordert einige Anstrengung.  Aber das ist kein Grund in Panik zu geraten. Gründungswettbewerbe bieten beispielsweise eine geeignete Möglichkeit die eigene Idee einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen, bei der am Ende vielleicht sogar ein Preisgeld oder Mentoring-Programm wartet.

 

Fotostrecke – Die wichtigsten Wettbewerbe für Social Entrepreneure:

  • Der Hans Sauer Preis ist ein Forschungs-, Technik- und Praxispreis: Die Stiftung zeichnet herausragende Forschungsarbeiten, zukunftsweisende technische Erfindungen oder aber vorbildliche Praxis („Best Practices“) in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aus. Das Wettbewerbsthema wird jedes Jahr neu gewählt.

  • Mit ihrem Wettbewerb sucht das Team von Yooweedoo Changemaker Innovative Ideen, die eine aktiven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in unserer Gesellschaft leisten. Auch hier warten auf die Gewinner verschiedene Preisgelder.

  • Bei den Green Tec Awards handelt es sich um einen der größten und wichtigsten Ideenwettbewerbe zum Thema Nachhaltigkeit. Ausgezeichnet werden etwa die Kategorien: "Innovation of the Year", "Rising Star of the Year", "Start-up of the Year" and "Game Changer of the Year".

  • Wer es erstmal national angehen will und noch in den Anfängen steckt, sollte seine Idee beim GENERATION-D Wettbewerb einreichen. Mit einem Preisgeld werden studentische Projekte gefördert, die sich durch Umsetzbarkeit, nachhaltige Wirksamkeit und Innovation auszeichnen.

  • Auch startsocial ist ein bundesweiter Wettbewerb, mit dessen Hilfe ehrenamtliches und soziales Engagement gefördert werden sollen. Der Wettbewerb steht unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zu gewinnen gibt es regelmäßig viermonatige Beratungsstipendien.

  • Ziel des 2014 ins Leben gerufenen Green Alley Awards ist es, den Weg von einer linearen hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern und gleichzeitig die Abfall- und Recyclingindustrie, wie wir sie heute kennen, zu verändern.

  • Das Magazin ZEIT WISSEN, die Initiative "Mut zur Nachhaltigkeit", sowie die Aurubis AG verleihen jährlich den ZEIT WISSEN-Preis Mut zur Nachhaltigkeit. Gewinnchancen haben vor allem die, die eine herausragenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.

  • Der Next Economy Award prämiert Startups, die auf Nachhaltigkeit und die Green Economy setzen. Er soll grünen Gründern Rückenwind verschaffen und Startups fördern, deren innovative Geschäftsmodelle soziale und ökologische Verbesserungen anstreben.

 

Gründen, aber gemeinsam

Ist die Idee ausgereift, müssen Taten folgen: Website, Insta-Channel, Name und Logo wollen erstellt werden. Nebenbei gibt es dann noch eine ganze Menge weiterer Aufgaben zu erledigen. So sollte zudem noch der passende Businessplan erstellt werden. Ganz schön viel los also. Daher gilt: Egal wie gut die eigene Idee auch ist, niemand schafft das allein oder besser gesagt, niemand muss alleine gründen. Genau deshalb hat sich in den letzten Jahren ein großes und starkes Netzwerk von Gründern und Experten aus Wirtschaft, Hochschulen und Politik gebildet. Die Unterstützung, die sich aus so einer Community ergibt, kann ganz verschieden ausfallen. Hilfe bieten etwa sogenannte Acceleratoren (von engl. Accelerate= beschleunigen), die – wir der Name bereits verrät – die Entwicklung und Umsetzung des eigenen Projektes beschleunigen, in dem Projekte eine feststehendes Entwicklungsprogramm durchlaufen und dabei intensiv von Experten betreut werden. Auch Inkubatoren sollten GründerInnen auf der Suche nach einer helfenden Hand nicht außer Acht lassen. In solchen „Brutkästen“ können Mentoring-Programme mitsamt einer professionellen Infrastruktur genutzt werden. Meist ist die Beziehung zwischen Gründern und Experten dort nochmals intensiver und beginnt meist schon bei der Ideenentwicklung. Nicht zuletzt bieten Stiftungen gezielte Unterstützung indem sie Geld, Räumlichkeiten und Expertise bereitstellen. Online-Plattformen bieten letztlich den nötigen Raum zum Austausch im Gründungsnetzwerk selbst.

 

Fotostrecke – Die wichtigsten Förderer und Netzwerke:

  • Social Impact ist Experte für Gründungsberatung. Social Start-Ups erhalten Stipendien, die bis zu acht Monate professionelle Beratung, Coaching, Workshops und Coworking Arbeitsplätze umfassen. Ebenso bietet Social Impact zahlreiche Inclusive Entrepreneurship Programme an.

  • Impact HUBs im deutschsprachigen Raum wie in München oder Berlin sind Teil eines globalen Netzwerks mit über 100 Locations und 16.000 Mitgliedern. Gegen einen finanziellen Beitrag gibt es Zugang zu Co-Working Areas und anderen Veranstaltungen, wie etwa Workshops, zum Thema Gründen.

  • Die Social Entrepreneurship Akademie wurde als Kooperation und Netzwerkorganisation vier Münchner Hochschulen gegründet. Die Akademie, kurz SEA, bietet eine Vielzahl von Qualifizierungsprogrammen im akademischen Umfeld an.

  • Ashoka fördert Social-Entrepreneure durch ein umfangreiches Angebot an Dienstleistungen und Finanzierungsformen, sowie durch Vermittlungsprogramme. Zudem können soziale Unternehmen finanzielle Unterstützung in der Gründungsphase bekommen.

  • Project Together bietet ein individuelles Coaching für Menschen, die Ideen haben und Hilfe bei der Umsetzung brauchen. Dabei ist es egal, ob es ein einmaliges, kleines Projekt oder ein Social-Business ist. Mit nur wenigen Klicks kann man sich auf ihrer Website bewerben.

  • youvo bringt Kreative mit sozialen Organisationen zusammen, die Unterstützung bei der Digitalisierung oder Öffentlichkeitsarbeit benötigen. Studierende und Professionals aus dem Design-, Kommunikations- und Digitalbereich bekommen damit die Möglichkeit, sich mit ihren Fähigkeiten für soziale Projekte einzusetzen.

  • Als Initiative der Hans-Sauer-Stiftung ist socialdesign.de nicht an der gewinnorientierten Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen interessiert, sondern macht sich vielmehr zum Anwalt sozialer Anliegen. Nutzer, Experten und Stakeholder sollen dabei in alle Phasen der Gestaltung einbezogen werden. Social-Entrepreneure finden hier ein Angebot, das Wissen zu diesem Thema bündelt und Projekte sowie Tools zur Umsetzung vorstellt.

  • Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) will die Anliegen von SozialunternehmerInnen stärken und soziale Innovationen vorantreiben. Mit Hilfe des Vereins können eigene Erfahrungen ausgetauscht werden, während dieser wiederum die politischen Forderungen sozialer Unternehmer vertritt.

  • Eine weitere wichtige Anlaufstelle der Gründungshilfe bilden die zahlreichen Gründerzentren an Fachhochschulen und Universitäten. Ein Beispiel dafür ist etwa das Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München. Angeboten werden dort etwa Vorlesungen zum Thema Entrepreneurship, Co-Working-Spaces sowie Mentoring-Programme.

  • Eine Anlaufstelle auf europäischer Ebene ist der One-Stop-Shop der Europäischen Kommission. Dort gibt es alle möglichen Neuigkeiten und Infos zu aktuellen Ausschreibungen, Wettbewerben und Summits zum Thema Gründen. Außerdem finden Entrepreneure hier eine umfassende Auflistung weiterer Netzwerke und Unterstützer in Europa.

  • Das europäische Netzwerk der Social Innovation Community hat die wichtigsten Ergebnisse und Tools ihrer Arbeit in einem sogenannten Silearning Repository zusammengestellt. Soziale Projekte können mit dessen Hilfe frei auf Workshop-Module zugreifen, um so ihre Fähigkeiten bei der Gestaltung sozialer Innovation zu verbessern.

 

Wer wachsen will, muss zahlen

Der grundlegenden Gründungsetappen sind absolviert. Die Initiative ist etabliert und das eigene Start-Up hat den Markteintritt gewagt. Dann heißt es ab jetzt: skalieren, investieren und kontrollieren. Eine helfende Hand kann dabei sicher nicht schaden. Vor allem deshalb nicht, da der richtige Umgang und die Planung mit Finanzierungsmitteln oftmals Expertenwissen benötigt. Das bedeutet aber keineswegs, dass einem in Sachen Finanzierung die Hände gebunden sind, ganz im Gegenteil: So erfreuen sich etwa Crowdfunding-Plattformen immer größerer Beliebtheit. Dort kann man in Eigenregie von der eigenen Idee überzeugen und damit eine Finanzierung mit Unterstützung der Crowd auf die Beine stellen. Jetzt ist es nur noch wichtig zu wissen wo:

Fotostrecke – Die wichtigsten Finanzierungsquellen für Gründer und Gründerinnen: 

 

Welche Unterstützung die richtige ist, hängt natürlich immer von den individuellen Bedürfnissen des eigenen Vorhabens ab und erfordert eine stetige Reflexion der eigenen Ziele und derer Umsetzbarkeit. Dabei darf man jedoch nie vergessen: Hilfe gibt es genug, man muss sie sich nur holen.  

Compliance im Unternehmen

20. Dezember 2018 By

Good Cop, bad cop – wie Compliance helfen kann dein Unternehmen intern gerechter zu machen.

Stell dir vor, du arbeitest bei einem Unternehmen im Einkauf. Heute bist du mit einigen Kollegen bei einem Lieferanten in Italien. Nach den Gesprächen am Vormittag, will euch der Lieferant zum Essen einladen. Klar, denken die meisten Kollegen, umsonst ist immer gut und suchen sich das teuerste von der Speisekarte aus. Doch euer Unternehmen hat Compliance-Richtlinien, das heißt alle Einladungen über 20 Euro müsst ihr angeben – und das bedeutet eine Menge Papierkram. Sagst du nein? Das könnte unhöflich wirken. Achtest du auf den Preis? Weist du deine Kollegen darauf hin und giltst dann vielleicht als kleinkariert? Oder ist nicht eigentlich ok, wegen ein paar Euro, die Richtlinien nicht ganz ernst zu nehmen?

Auch wenn das nur eine kleine Situation im Alltag eines Unternehmens ist, so zeigt sie doch, wie unklar teilweise der Umgang mit Compliance-Vorschriften ist. Doch was genau versteht man denn unter dem Begriff? Im Wirtschaftsduden wird Compliance als „alle organisatorischen Maßnahmen, um Gesetzesverstöße (z. B. Bestechung zur Erlangung von Aufträgen) zu verhindern und unternehmensinterne Regeln zu befolgen und damit verschärften Antikorruptionsgesetzen und Haftungsrisiken Rechnung zu tragen“ definiert – kurz gesagt integeres Verhalten à la ehrenwerter Kaufmann.

„Kein Gold besticht ein empörtes Gewissen“

Heinrich von Kleist 

Etwas, was den Deutschen maßgeblich nachgesagt wird. Fälle wie der Korruptionsskandal um Siemens oder Volkswagen Mitte der 2000er Jahre beweisen aber das Gegenteil. Früher war es sogar legal mit Bestechungsgelder Aufträge an Land zu ziehen. Denn bis 1997 konnten deutsche Unternehmen diese Schmiergelder als Betriebskosten absetzen und somit auch von der Steuer. Nach vielen Skandalen haben sich nun die meisten großen Unternehmen Compliance auf die Fahne geschrieben – auch Siemens, Volkswagen und Co. Doch ist die Umsetzung nicht so einfach, gerade wenn die Strukturen veraltet und die Einstellungen verkrustet sind.

Auf was muss ich also achten, wenn ich ein Compliance-Management-System aufbauen will?

Klar ist, dass es einen Unterschied macht, ob es sich um ein nationales oder internationales Unternehmen handelt, dass versucht ein Compliance-System bei sich zu etablieren. Ein gutes Compliance-Management kann allgemein aber in vier Grundbausteine aufgeteilt werden:

  • Identifizierung und Analyse von rechtlichen Risiken im eigenen Unternehmen und Wissen über die rechtlichen Rahmenbedingungen
  • Kenntnisse über den Wissenstand im Unternehmen zum Thema Compliance und dementsprechende Einschätzung, wie groß der Schulungsbedarf ist und die Entwicklung und/oder Verbesserung der Richtlinien
  • Entwicklung von Verfahren, extern und intern, für die Kommunikation von Verstößen und Richtlinien für den Kontakt mit den Behörden
  • Einstellung und Schulung eines Compliance-Verantwortlichen und die Entwicklung von Kontrollverfahren und -abläufen

Wie man sich vorstellen kann, ist der Compliance-Beauftragte in vielen Unternehmen nicht gerade der beliebteste Kollege. Daher braucht so eine Person auch eine Vielzahl von Kompetenzen. Nicht nur, um die Verstöße zu entdecken, sondern auch, um die anderen Mitarbeiter aufzuklären, die Wichtigkeit von Compliance zu vermitteln und auch mit negativer Resonanz richtig umzugehen. Daraus hat sich ein eigener Berufszweig entwickelt, der mittlerweile auch sehr gefragt ist. Compliance-Beauftrage arbeiten an den Schnittstellen des Unternehmens und oft eng mit der Geschäftsführung zusammen – das erfordert kommunikatives Geschick und gerade bei globalen Unternehmen eine gewisse interkulturelle Kompetenz. Außerdem müssen sich Compliance-Beauftragte mit juristischen und wirtschaftlichen Themen auskennen und auch ein fundiertes Wissen über die Branche in der sie arbeiten haben. Sonst kann es sein, dass sie von den einzelnen Fachabteilungen auch nicht ernst genommen werden. Und zu alledem sollte er noch einen hohen Grad an Fingerspitzengefühl mitbringen, um gerade bei den heiklen Themen den richtigen Ton zu treffen. Mittlerweile gibt es für den Compliance-Manager verschiedene Angebote, von berufsbegleitenden Mastern bis zu Qualifizierungskursen.

Aber das betrifft doch nur die großen Unternehmen?

Oft ist aber das Problem bei Start-Ups, Vereinen, Non-Profit-Unternehmen und gGmbHs, dass sie eher kleine Unternehmen sind oder es bisher keine unmittelbaren Vorfälle in diesen Bereichen gab. Viele GründerInnen haben sich daher noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt, ganz im Gegensatz zu den Bereichen Risikomanagement und Corporate Governance. Trotzdem sollten sie sich damit beschäftigen und es in ihrer Unternehmenskultur nachhaltig etablieren, bevor sie wachsen und es dann immer schwieriger wird. Und gerade Start-Ups und kleinere Unternehmen sind auf ein positives Außenbild angewiesen. Ein Vorfall von Schmiergeldern oder ähnliches reicht aus und das Ansehen ist dahin. Und selten reicht  das Geld, um sich von dem Imageschaden zu erholen. PR- und Marketingmaßnahmen zur Imagepflege sind nämlich nicht nur teuer, sondern vor allem auch viel Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten. Wichtige Rechtsgebiete, die daher auf jeden Fall auch für Compliance beachtet werden sollten, sind:

  • Arbeitsrecht
  • Arbeitssicherheit
  • Sozialversicherungsrecht
  • Arbeitsschutz
  • Gemeinnützigkeitsrecht
  • Betriebsverfassungsgesetz
  • Branchenspezifische Gesetze

Essenziel ist es auch sich in kleinen Betrieben die Fragen zu stellen: Was kann alles schief gehen? Wo gibt es Nischen, die nicht richtig definiert sind? Gerade die  Verwendung von zweckgebundenen Spenden,  „unechter“ Spenden (Steuerhinterziehung) oder steuerpflichtige Wirtschaftsbetriebe, die fälschlicherweise als gemeinnützig angesehen werden, sind eine Gefahrenquelle.

Um das zu vermeiden kann man sich, vor allem wenn es recht wenige Mitarbeiter sind, auch einige Stunden zusammensetzen, mögliche Gefahrenherde und Risiken erörtern, diskutieren und dokumentieren. Die Dokumentation dient dann dazu, dass in regelmäßigen Abständen das Besprochene überprüft werden kann. Das gemeinsame Erarbeiten ist aber auch wichtig, um ein Bewusstsein für die Thematik zu schaffen und wirklich bei jedem Einzelnen zu implementieren.  Je mehr diese Denk- und Handelsweise von Anfang an dazu gehört, desto weniger Probleme gibt es, wenn kleine Unternehmensstrukturen wachsen.

Gute Beispiele? Schwer zu finden

Natürlich gibt es viele Unternehmen, die sich groß Compliance auf die Fahne schreiben, doch schwingt noch immer ein bisschen Misstrauen mit und eine leise Stimme im Kopf flüstert: „Green Washing“. Gerade weil einige Unternehmen erst nach großen Skandalen für mehr Compliance gesorgt haben. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Siemens-Konzern, der 2006 mit einem milliardenschweren System schwarzer Kassen Schlagzeilen machte. Danach gab es nicht nur viele Entlassungen, sondern auch mehr als zwei Milliarden Euro Bußgelder zu zahlen.  Klickt man nun  auf die Compliance-Seite von Siemens, so scheint das Unternehmen einiges getan zu haben, dass so etwas nicht mehr vor fällt. Ähnlich sehen die Seiten von Volkswagen, Rewe-Group und BMW aus.

Für die Bio-Supermarkt-Kette Alnatura steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Liste der Unternehmensgrundsätze. Dazu gehören nicht nur die Themen biologischer Anbau und Transparenz bei den Lieferketten, sondern auch die soziale Nachhaltigkeit und langfristige Partnerschaften mit ihren Herstellern. Alnatura hat eigene Policy Sozialstandards, welche vor allem die Standards in der Lieferkette sicher stellen sollen. Gerade bei Geschäften mit Ländern, die laut der Business Social Compliance Initiative, ein Risiko bei der Einhaltung von sozialen Standards darstellen.

Für mehr Transparenz wirbt auch der Deutsche Spendenrat. Mit der Initiative „Transparenz-leicht-gemacht“ wird gemeinnützige Organisationen und Vereine mit einem breiten Serviceangebot unter die Arme gegriffen — denn gerade in diesem Bereich gibt es selten „Fachleute“ im Team. Sie werden kostenlos von Wirtschaftsprüfern in Einzelberatung oder in bundesweiten Schulungen über die Themen Steuerrecht und Rechnungslegung informiert und geschult.

Die SWOT-Analyse

15. Dezember 2018 By

Eine Methode um richtig die eigenen Stärken und Schwächen gegen äußere Risiken und Chancen abzuwägen.

Was ist die SWOT-Analyse und wofür brauche ich sie?

Die SWOT-Analyse steht für die objektive Betrachtung der Strenghts (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken) eines Unternehmens und ist ein wesentlicher Bestandteil eines guten Businessplans.  Die Methode ermöglicht es, die Stärken und Schwächen eines Projekts aufzuzeigen und diese den Chancen und Risiken gegenüberzustellen, die sich aus dem Markt ergeben. So ist sie auch für bereits bestehende Unternehmen ein hilfreiches Tool für die Erstellung eines internen Stärken-Schwächen-Profils sowie einer externen Umfeld-Analyse. Gleichermaßen hilft die Analyse-Methode bei der Positionierung der eigenen Aktivitäten gegenüber dem Wettbewerb. Startups und jungen Gründern kann sie einen Überblick über die potentiellen Einflussfaktoren auf den Erfolg der Gründung geben. Wichtig ist hierbei zu wissen, dass Stärken und Schwächen als interne Einflussfaktoren aktiv beeinflusst werden können, während Social-Entrepreneure auf externe Faktoren wie Chancen und Risiken vielmehr nur reagieren können. Kurzum: Neben Vorteilen kann die Durchführung einer SWOT-Analyse auch Nachteile beinhalten. Bevor es also losgeht mit der eigenen Projektanalyse, sollte man genau die Pros und Kontras der für die eigenen Zielsetzungen abwägen.

Vor- und Nachteile der SWOT-Analyse

Die führe ich eine SWOT-Analyse durch?

Die Gegenüberstellung der internen und externen Analyse von Einflussfaktoren erfolgt mit Hilfe  der sogenannten SWOT-Matrix. Sie zeigt auf, ob ein bestimmter Trend hinsichtlich der Stärken und Schwächen des jeweiligen Unternehmens eine Chance oder ein Risiko darstellt. Basierend auf der Matrix können Gründer dann einen Plan erstellen, wie von den drei bis vier wichtigsten Chancen profitiert werden kann und auf die drei bis vier größten Risiken reagiert werden soll. Im besten Fall wird die Analyse von einem kleinen Team gemeinsam durchgeführt. So können verschiedene Sichtweisen in die Betrachtung einfließen. Im Detail läuft die Erstellung der Matrix wie folgt ab:

Schritt 1: Die Ermittlung interner Stärken und Schwächen

Im ersten Schritt ermittelt das SWOT-Team die vorhandenen Stärken und Schwächen. Dafür können die folgenden Fragen behilflich sein:

Voraussetzung einer erfolgreichen SWOT-Analyse ist die Ermittlung der eigenen Stärken und Schwächen.

Schritt 2: Die Ermittlung externer Chancen und Risiken

Nach der internen Betrachtung folgt dann der etwas schwierigere Teil: die Umfeld-Analyse. Sie erfordert gute Kenntnisse über den eigenen Markt mitsamt seinen Trends. Prinzipiell geht es in dem Schritt darum, Trends und Veränderungen zu erkennen, die für das eigene Start-Up relevant sind. Dabei ist es als Entrepreneur hilfreich zu überlegen, welche stattgefundenen oder erwartbare Entwicklungen das eigene Projekt positiv oder negativ beeinflussen können. Diese Chancen und Risiken können dabei ganz unterschiedlicher Art sein. Wie etwa:

  • Politisch durch geänderte gesetzliche Regelungen (Zölle, Einfuhrbestimmungen, Umweltstandard, Währungsveränderungen)
  • Marktbezogen durch den Austritt oder Eintritt von Wettbewerbern, der Veränderung der Marktgröße, der Weltmarktpreise oder der Kaufkraft
  • Ökologisch durch Naturkatastrophen wie Dürre oder Überschwemmungen
  • Sozial durch veränderte Bedürfnisse der Kunden, gesellschaftliche Entwicklungen, oder durch demographischen Wandel.
  • Technologisch durch neue technische Standards oder neue Herstellungsprozesse

Das Analyse-Team kann die nun erkannten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken etwa in einer einfachen Tabelle festhalten.

Schritt 3: Das Zusammenführen der Markt- und Unternehmensbetrachtung

Im nächsten Schritt geht es um die Verbindung der internen und externen Analyse. Dabei sollte nun an erster Stelle stehen einen Weg zu finden, sowohl den Nutzen aus Stärken und Chancen zu maximieren als auch den Verlust aus Schwächen und Gefahren zu minimieren. Die Frage muss also lauten: Wie kann man mit den gegebenen Ressourcen auf Veränderungen reagieren? Um diese Frage zu beantworten, werden die jeweiligen Felder miteinander kombiniert und es entstehen vier mögliche Strategien.

Bei der Entwicklung der jeweiligen Strategie geht es grundsätzlich um die Überlegung, mit welchen Maßnahmen ein Unternehmer plant, Risiken zu begegnen und Chancen zu nutzen. Dabei ist es wichtig, Worst- und Best-Case-Szenarien aufzustellen. Im Einzelnen sehen die vier Handlungsoptionen folgendermaßen aus:

  1. SO-Strategie // Strenghts + Opportunities: Stärken einsetzen, um Chancen wahrzunehmen
    In der sogenannten SO-Strategie, dem Idealfall, identifiziert das Analyse-Team Chancen, die zu den Stärken des Unternehmens passen. So lässt sich zum Beispiel vorhandenes Wissen im Bereich umweltfreundlicher Produktion (Stärke) optimal dem Trend zu einem höheren Umweltbewusstsein (Chance) zuordnen.

  2. WO-Strategie // Weaknesses + Opportunities: Schwächen abbauen, um Chancen zu nutzen
    Der Gedanke hierbei ist, wie Chancen trotz interner Schwächen realisiert werden können. In dieser Strategie muss sich das Gründerteam überlegen, welche Schwächen wie abgebaut werden müssen, um von externen Chancen profitieren zu können. So ist in einem schnell wachsenden, innovativen Markt (Chance) ist eine lange Markteinführungszeit (Schwäche) eher hinderlich, kann aber durch das Eingehen von Kooperationen verkürzt werden.

  3. ST-Strategie // Strengths + Threats: Stärken anwenden, um Risiken abzuwenden
    Eine weitere Strategie besteht darin, die vorhandenen Stärken zu nutzen, um externen Risiken zu begegnen. Beispielsweise können stabile und partnerschaftliche Lieferantenbeziehungen (Stärke) von Vorteil sein, um potentielle neue Wettbewerber (Risiko) auszubremsen oder vom Markteintritt abzuhalten.

  4. WT-Strategie // Weaknesses + Threats: Schwächen abbauen, um Risiken zu reduzieren
    In der ungünstigsten Kategorie geht es um die Frage, welche Gefahren das Unternehmen unbedingt vermeiden muss, da die entsprechenden Stärken fehlen. Die Strategie lautet in dem Fall: Schwächen reduzieren, um Risiken abzumildern. Wenn ein Unternehmen seine Produkte etwa bereits zu einem überhöhten Preis anbietet (Schwäche) aber Produktionskosten aufgrund bestimmter Ereignisse vermutlich weiter steigen werden (Risiko), sollten Überlegungen gemacht werden, wie der Preis anderweitig auf dem gleichen Niveau gehalten werden kann oder ob das Produkt vom Markt genommen werden sollte.

Die SWOT-Matrix

Die richtige Analyse nicht nur fürs eigene Projekt: Das Beispiel „Urban Gardening“

Die SWOT-Analyse eignet sich nicht nur zur Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils und der Umfeld-Analyse einzelner Unternehmen, sondern kann sie genauso auf ein gesamtes Handlungsgebiet Anwendung finden, wie zum Beispiel im Urban Gardening. Die Analyse verläuft dann etwas genereller und nicht in Bezug auf Konkurrenten. 
Unter Urban Gardening versteht man die Nutzung städtischen Gebiets für den Anbau von Nutzpflanzen, Kräutern, Obst und Gemüse. Neben dem ökologischen und klimaneutralen Anbau von Lebensmitteln tragen die Gärten zur Stadtentwicklung und sozialen Teilhabe bei. Einige Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken, die sich ergeben können, sind in der Abbildung gesammelt.

Aus diesen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken könnten beispielhaft folgende Strategien abgeleitet werden.

SO-Strategie: Verknüpfung von Stärken und Chancen

  • Urbane Gärten sind Orte des sozialen Zusammentreffens und Austauschs (Stärke). In Workshops können neue Teilnehmer, wie zum Beispiel Migranten, ihr Wissen über Naturheilkräuter und alternative Anbaumethoden weitergeben. Dadurch kann wertvolles, neues Wissen generiert werden (Chance).
  • Das positive Image von urbanen Gärten in der Gesellschaft (Stärke) kann dazu beitragen, ungenutzte Flachdächer oder Grünflächen von Unternehmen, die sich lokal engagieren wollen, zur Verfügung gestellt zu bekommen (Chance). 

WO-Strategie: Verknüpfung von Schwächen und Chancen

  • Gründer von urbanen Gärten haben oft wenig Zeit, da sie für ihre Existenzsicherung ein zweites Standbein brauchen (Schwäche). Die Chance, Förderungen zum Beispiel durch Kommunen zu bekommen, ist jedoch meist mit hohen persönlichen Aufwand verbunden. Da Förderungen jedoch auch dazu beitragen, diese Schwäche abzubauen, müssen Gründer versuchen, Zeit für solche Aufgaben freizuschaufeln.

ST-Strategie: Verknüpfung von Stärken und Risiken

  • Der „nomadische Anbau“ der Pflanzen in alten Kisten, Reissäcken oder selbstgebauten Hochbeeten trägt zur Mobilität von urbanen Gärten bei (Stärke). Indem explizit darauf geachtet wird, dass der Garten schnell ab- und wiederaufbaubar ist, kann der Garten im Fall von Bauvorhaben (Risiko) an einem anderen Ort fortgeführt werden.

WT-Strategie: Verknüpfung von Schwächen und Risiken

  • Eine Schwäche von urbanen Gärten ist der Bedarf an kontinuierlicher Pflege. Witterungs- und standortabhängig können Frost, Dürre oder Stürme die Ernte zerstören (Risiko). Da die beständige Pflege und Vorbereitung auf Jahreszeiten Einfluss darauf haben, ob ein Garten überlebt, ist es notwendig, diese Schwäche abzubauen, z.B. indem Zuständigkeitspläne erstellt werden oder unabhängige Bewässerungssysteme angelegt werden.

Ob für das eigene Unternehmen oder für die Umsetzung gesellschaftlicher Interessen – die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen und zu wissen wie sie sich am besten einsetzen lassen, ist immer das Fundament erfolgreichen Handelns. Jedenfalls dann, wenn das eigene Projekt nicht nur eine gute Idee bleiben, sondern sich langfristig und erfolgreich behaupten soll. Essentiell dafür ist es, den Weg zur optimalen Strategie zu finden. Die richtigen Schritte dorthin stehen schon mal fest.


(c) Titelbild: Pixabay

Wie wir wohnen wollen

8. Oktober 2019 By

Integration, Inklusion und Kollaboration im Wohnen bieten das Potential, gesamtgesellschaftliche Herausforderungen anzugehen. Hier werden unterschiedliche Ansätze vorgestellt.

Im Wohnen kann man Heimat finden – gerade für benachteiligte Gruppen in unserer Gesellschaft Geflüchtete, Migrant*innen oder körperlich und geistig behinderte Menschen kann dabei die Wohnung als persönlicher Rückzugsraum, aber auch als Tor zu einer fürsorgenden Gemeinschaft enormen Halt geben. Im besten Fall wird dabei Wohnraum nicht nur bewohnt, sondern es wird darin gelebt.

Der Bedarf an würdigen, verfügbaren Wohnraum geht immer einher mit den gegenwärtigen Herausforderungen einer Region, Stadt oder Gesellschaft. Es gilt dabei, die Waage zwischen Kriterien wie Bezahlbarkeit, Verfügbarkeit und dem Anspruch, lebenswerten und ermöglichenden Wohnraum zu halten. Fragen, wie lebenswertes Wohnen zu gestalten ist und welche Kriterien uns für unsere Lebensqualität wichtig sind, müssen dabei immer wieder neu ausgehandelt werden.

Formen urbanen Lebens befinden sich in kontinuierlichem Wandel und bieten dabei das Potential, neue Angebote des Übergangs und der Inklusion zu machen: Angebote, die im Kontext der Zerteilung und Individualisierung in modernen Gesellschaften als neue Begegnungsorte des Übergangs fungieren können.

Ankommen und Verwurzeln – das ist auch für Wohnverhältnisse, die nur temporär bestehen sollen, von hoher Bedeutung. Für lebenswerten Wohnraum spielen Aspekte wie die Verteilung des Einkommens in Häusern und Vierteln, Bildungschancen und eine integrierte, zugängliche und erlebbare Umwelt eine entscheidende Rolle. Die Wohnung beeinflusst den Alltag der Bewohner*innen, deren individuelle Entfaltungsmöglichkeiten und die Chance auf Sozialisation, Gesundheit und Wohlbefinden. Die Wohnung ist auch Ort und Medium von Selbstdarstellung und Selbstwertgefühl. Ob das erreicht wird, hängt unter anderem davon ab, in welchem Maße Intimität und Privatsphäre gewahrt werden können.

Die Umgebung der Wohnräume prägt die Möglichkeiten deren Bewohner*innen. (c) Tim Trad

Gegenwärtige, gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie Integration, Inklusion, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit müssen auch im Bereich Wohnen berücksichtigt werden. Ein Zuhause will mehr als bloße Unterkunft und Behälter sein – es ist der Ausgangspunkt zu gesellschaftlicher Teilhabe. Dabei kann man neben der eigenen Wohnung oder dem privaten Zimmer auch in weiteren Räumen wohnen oder zuhause sein, so zum Beispiel in Gemeinschaftsräumen im Haus. Fördern kann das eine Anbindung und Einbindung der Wohnräume an die Umgebung und gute Anschlussmöglichkeiten. Um Inklusion und Integration schaffen zu können, muss Raum für flexible Nutzungstransformationen und sich ändernde Lebensentwürfe geschaffen werden. Dieser Bedarf kann Treiber von Innovationen in einem Prozess sein, der neue Fragen und Antworten finden muss.

Für funktionierende soziale Durchmischung muss Wohnraum in die Umgebung integriert werden

Bei der Studie „Wie brüchig ist unsere soziale Architektur?“ des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung wurde in den untersuchten Jahren von 2005-2014 ein Anstieg von Armutssegregation mit dem Bau von Sozialwohnungen festgestellt. Dies liegt daran, dass Sozialwohnungen hauptsächlich in Vierteln gebaut werden, in denen es schon viele Sozialwohnungen gibt – damit entstehen hohe Unterschiede in Einkommen, Lebensstil und Zugang zu Einrichtungen zwischen unterschiedlichen Vierteln. Für eine soziale Mischung und das Teilen von Ressourcen wäre es demnach sinnvoll, vermehrt Sozialwohnungen in Quartieren zu bauen, in denen man bis jetzt noch keine findet.

Soziale Durchmischung kann für viele, besonders für marginalisierte Gruppen, als Sozialkapital fungieren. Zum Beispiel kann der Austausch mit Nachbar*innen Informationen über einen vakanten Arbeitsplatz, über Know-How im Umgang mit Vermietern und Behörden liefern oder kann in verbesserten Artikulationsmöglichkeiten zum Ausdruck kommen. Für eine gelebte soziale Durchmischung reicht aber nicht nur die räumliche Nähe von unterschiedlichen Bewohner*innen einer Stadt. Dafür braucht es Situationen, die Kontakt ermöglichen und dazu ermuntern: Geteilte Einrichtungen wie Werkstätten, Kindergärten, Schulen und Projekte eröffnen gemeinsamen Raum.

Dafür muss der Raum erstmal gefunden werden, aber: Auch in dichten Städten gibt es Leerstand – warum nicht einfach bereits bestehenden Raum zum Wohnen nutzen und mit eigenen Ressourcen füllen? In dem gemeinschaftlichen Projekt Traudi/HAWI der Caritas Wien, der TU Wien, der TU Berlin und der Hans-Sauer-Stiftung wurde ein ehemaliges Bürogebäude nach mehrjährigem Leerstand in einem kollaborativen Prozess in ein gemischtes Wohnheim für Geflüchtete und Studierende transformiert. Die Bewohner*innen haben sich ganz nach dem Motto „Trau Di!“ getraut und bauten Schlaf- und Gemeinschaftsräume in Zusammenarbeit mit Architekt*innen selber, was mit jedem zusätzlich angebrachten Brett Identifikation und Ankommen an dem neuen Ort erleichterten. Grundgedanke war dabei, dass sowohl Geflüchtete als auch Studierende, die neu in der Stadt Wien waren, Schwierigkeiten hatten, eine bezahlbare Wohnmöglichkeit und Anschluss in der Stadt zu finden. Das Wohnprojekt Traudi/ HAWI fungiert so als gebauter Vorschlag, wie durch Architektur gesellschaftspolitische Impulse gesetzt werden können.

Durch die als zweite Etage angebrachten Betten steht in den Zimmern des Wohnprojekts HAWI/ Traudi unten ausreichend Raum zum Lernen, Lesen und Entspannen zur Verfügung. (c) Hans Sauer Stiftung, Petra Panna Nagy

Freiräume lassen sich finden

In Deutschland entstehen immer noch neue Wohnungsbaugenossenschaften – eine Wohnform mit einer mehr als 100-jährigen Tradition. Damit entkoppeln die Bewohner*innen die Gebäude aus dem Immobilienmarkt und schaffen so Wohnraum mit stabilen Mietpreisen. Außerdem können die Bewohner bei allem, was das Zusammenleben und die eigene Wohnung betrifft, direkt mitentscheiden. Teure, aber nachhaltige Anschaffungen können gemeinsam finanziert und genutzt werden und durch das Teilen einiger Räumlichkeiten wie Werkstätten oder Küchen vergrößert sich für jeden einzelnen der Wohnraum. Dieses gemeinsame Nutzen eröffnet Austausch unter Generationen, Kulturen und Lebensstilen und kann Menschen dabei helfen, sich als mündiger Teil einer Gesellschaft zu fühlen. . Damit entkoppeln die Vereine Häuser und damit Wohnraum aus dem allgemeinen Profitdruck. Einer profitorientieren Ausrichtung von Stadt, die sich nicht mit den Bedürfnissen deren Bewohner*innen deckt, wird so etwas entgegensetzt.

München, Glockenbachviertel: Tagescafés, Luxuswohnungen, ehemaliger Hotspot der Münchner Schwulen- und Lesbenszene. Mitten in der Stadt zwischen Bowl-Bars und schicken Fassaden hat eine Sozialgenossenschaft das Bellevue di Monaco als Unterbringungs- und Kulturzentrum für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge und interessierte Münchner gegründet. Die Organisationsform der offiziell eingetragenen Genossenschaft ermöglichte die Renovierung und das für den Umbau nötige Grundkapital durch Mitgliedereinlagen. Der Umbau des renovierungsbedürftigen Gebäude wurde dabei öffentlichkeitswirksam inszeniert und zu einem großen Teil von Ehrenamtlichen und Künstler*innen getragen. Gerade dadurch wurde Aufmerksamkeit auf die vormals leerstehenden Gebäude, die zentral in der Stadt liegen, gelenkt. Damit wurden die Bauten für alle zugänglich und ein wichtiger Ort für Diskussion, Information und kulturelles Angebot. Bürgerinitiative hat hier gewirkt – daraus ist staatlich subventionierte und alternative Stadtentwicklung geworden. Die lokale Bürgerbewegung konnte so den gesamten Gebäudekomplex vor dem Abriss und Verkauf an höchst-bietende Privatinvestoren retten und langfristig zur Nutzung für soziale Zwecke zur Verfügung stellen.

Inklusion und Integration im Wohnen kann gesellschaftliche Mitbestimmung fördern

Werte- und Identitätskonflikte bestimmen Diskurse in unserer Gesellschaft und dennoch wird die Welt vor unseren Augen größer und dichter. Wohnraum gemeinsam gestalten hat das Potential, uns aktiv in unser Umfeld einzubringen, gegenwärtige Herausforderungen anzugehen und einander solidarisch und hilfsbereit zu begegnen und somit aus einer Tätigkeit, die wir alle in unterschiedlichsten Formen teilen – dem Wohnen – den Weg hin zu einer aufmerksamen, fairen Gesellschaft ebnen.

Gemeinschaftlich genutzte Räume können je nach Nutzungsbedürfnissen ausgestattet werden.

Inklusion im Wohnen kann dabei ganz unterschiedliche Grade und Formen von Benachteiligung wie Behinderung, Herkunft und Armut berücksichtigen. Auch Menschen mit diesen Benachteiligungen haben das Recht, darüber mitzubestimmen, wo, wie und mit wem sie wohnen – das wird ihnen aber oft abgesprochen, indem man sie lediglich unterbringt. Andererseits ergeben sich aus den unterschiedlichen Graden von Benachteiligungen auch unterschiedliche Bedarfe, denen gerecht werden muss. Dabei gibt es schon eine Vielzahl inklusiver WGs, die gleichzeitig neue, eigenständigere Betreuungs- und Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum für Menschen ohne Behinderung schaffen. Das Wiener Wohnprojekt VinziRast-mittendrin bietet ebenso Raum für unterschiedliche Bedarfsgruppen: Dort leben Student*innen und ehemalige Obdachlose in günstigen Wohngemeinschaften zusammen. Entstanden ist das Projekt aus einem Studierendenprotest im Wiener Audimax 2009, bei denen sich auch Obdachlose anschlossen. So entstand ein Miteinander, das einige der Student*innen weitertragen wollten – und die Initiative für ein gemeinsames Wohnprojekt starteten. Die gemeinnützige Vinzenzgemeinschaft stellt den Hausbewohner*innen zusätzlich bei Konflikten eine geschulte Ansprechperson zur Seite.

Das Zusammenleben verschiedener sozialer Gruppen bringt sozial-kulturelle Dynamik und Austausch. Trotz aller dieser Vorteile und der Schönheit von Begegnungen, die aufzeigen, dass neben der eigenen Lebenswelt unzählige andere existieren – Wohnraum teilen bietet Konfliktpotential und ist oft unglaublich anstrengend. Außerdem ist immer darauf zu achten, dass gerade innovative Wohnprojekte auch nach außen wirken und mit ihrer Umgebung interagieren – sonst werden auch diese schnell zu Gated Communities, die wiederum Isolierung und Ausgrenzung befeuern können. Diese Konflikte auszutragen und versuchen, damit zu arbeiten, kann längerfristig zu einer positiven Debattenkultur und einer offeneren, experimentierfreudigen Gesellschaft beitragen. Denn indem wir immer wieder überlegen, wie wir leben wollen, können gesellschaftliche und soziale Hierarchien und manifestierte Ungerechtigkeiten aufgebrochen werden.

 

Nachhaltige Mobilität

4. Februar 2019 By

Der Weg zu einer Mobilitätskultur, die soziale und wirtschaftliche Grundbedürfnisse erfüllt und für Mensch und Umwelt verträglich ist

Unablässig zieht am Fenster des relaio-Redaktionsraum das geschäftige Treiben des Münchner Stadtverkehrs auf dem Mittleren Ring vorüber: Autos, Laster, Taxis, Lieferwägen, Busse. Zu Hochzeiten passieren fast 150.000 Fahrzeuge pro Tag den Abschnitt an der Landshuter Allee. Tausende Menschen pendeln zur Arbeit, werden mit Gütern und Waren versorgt und verschaffen sich Zugang zu Erholungsmöglichkeiten und Bildung. Die Verkehrswege sind gleichsam die Lebensadern unserer Gesellschaft. Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen, denn sie ermöglicht die Teilhabe am öffentlichen Leben.

Aber die Landshuter Allee zählt auch zu einer der am stärksten von Abgasen, Schadstoffen und Lärm belasteten Straßen Deutschlands, was ein hohes Gesundheitsrisiko für die Anwohner bedeutet. Mobilität bietet nicht nur eine gesellschaftliche Grundlage, sondern stellt auch eine Gefahrenquelle für Mensch und Umwelt dar. Der Verkehr ist in Deutschland für rund 20 Prozent des Ausstoßes der Treibhausgase verantwortlich und leistet damit einen erheblichen Beitrag zur Klimaerwärmung – Tendenz steigend. Innerhalb des Verkehrssektors fällt die Umweltbilanz des motorisierten Individualverkehrs, also der individuellen Nutzung von Kraftfahrzeugen, besonders gravierend aus. Hier kommen pro Kopf mehr Emissionen, ein höherer Flächenverbrauch und ein größeres Verkehrsaufkommen zusammen, als bei allen anderen Mobilitätsformen. Und fast drei Viertel aller täglichen Wege in Deutschland werden mit diesem Verkehrsträger unternommen. Unser Mobilitätsverhalten muss sich also dringend ändern: es muss emissionsarm, energiesparend und umweltverträglich sein, aber auch für alle Menschen die Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen. Wie kann das möglich sein? Und welche Rolle können dabei soziale und technische Innovationen spielen?

Luftmessstation an der Landshuter Allee in München

Das Elektroauto als Problemlöser?

Wie steht es zum Beispiel um das Elektroauto? Von den großen Autokonzernen und neuen Konkurrenten wird in letzter Zeit immer mehr die Weiterentwicklung von Elektromotoren vorangetrieben. Wenn zum Laden Strom aus regenerativen Energiequellen verwendet wird, ist es in seinem Betrieb emissionsfrei und darüber hinaus leise und im Unterhalt günstig. Die Reichweiten steigen, die Anschaffungskosten werden langsam erschwinglicher und auch die Akkus laden schneller. Eine technologische Lösung, freilich noch nicht ausgereift, aber mit viel Potential.

Aber auch nur auf den ersten Blick, denn der reine Wechsel der Antriebsart löst nur einige Probleme von vielen. Der Elektroantrieb senkt zwar den Verbrauch von fossilen Energieträgern und minimiert Schadstoffemissionen, aber die Autos greifen immer noch auf die Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr zurück. In den 1960er Jahren wurde mit dem Konzept der autogerechten Stadt in vielen Städten der Industrieländer alles dem ungehinderten Verkehrsfluss von Automobilen untergeordnet. Getrennte Verkehrswege für motorisierten Verkehr, Radfahrer und Fußgänger wurden angelegt, die ein zügiges Vorankommen sicherstellen sollten. Schnellstraßen wurden in Richtung Stadtzentrum getrieben, wodurch bestehende Stadtviertel durchschnitten und schwer überwindbare Schneisen in über Jahrhunderte gewachsene Strukturen geschlagen wurden. Während das öffentliche Leben in den Innenstädten durch die Pendler erlahmte, kam es in den Randbezirken zur Herausbildung von nicht minder leblosen Trabantenstädten. Den Autos wurde die oberste Priorität in der Gestaltung des öffentlichen Raumes zugestanden, was die Städte bis heute prägt. Andere Formen der Mobilität dagegen müssen noch immer zurückstecken. Fußgänger sind gezwungen Umwege, Über- oder Unterführungen und lange Wartezeiten an Ampeln auf sich zunehmen. Radelnde müssen sich oft auf schmale Radwege zwängen, eingekeilt zwischen dem vorbeirauschenden Autoverkehr, sich öffnenden Türen von parkenden Autos und den Fußgängern. Dies stellt eine Gefahr für sie selbst und andere dar. Der öffentliche Personennahverkehr steckt zusammen mit den Autos im Stau fest oder musste in den Untergrund weichen – eine aufwändige und teure Lösung, die nicht überall umsetzbar ist. Damit nimmt das Konzept der autogerechten Stadt ihren Bewohnern die Möglichkeit, sich frei und sicher in ihr zu bewegen und sie damit zu beleben – eine planerische Sackgasse.

Schnellstraßen zerschneiden das Stadtbild und stellen schwer überwindbare Hindernisse für Fußgänger und Fahrradfahrende dar.

Der Weg zu einer Nachhaltigen Mobilität

Nachhaltige Mobilität bedeutet also mehr als Autos umweltfreundlich zu machen – es bedeutet auch Mobilität sozial und wirtschaftlich verträglich zu gestalten. Dafür müssen sich auch gewisse Grundvoraussetzungen in der Gesellschaft ändern, auch in Angelegenheiten, die auf den ersten Blick gar nicht so viel mit Verkehr an sich zu tun haben.

Die Reduzierung der Reiselänge und des Bedarfs sich fortzubewegen

Mobilität ist dann am umweltfreundlichsten, wenn man sie ganz vermeiden oder das Ziel bequem zu Fuß erreichen kann. Für das morgendliche Brötchen-Holen sind die wenigstens von uns aufs Auto angewiesen – für alles darüber hinaus kann es in manchen Gegenden schon schwieriger werden. Abhilfe dagegen kann die „Stadt der kurzen Wege“ bieten, die sich durch eine hohe Einwohnerdichte und diverse Nutzungsangebote auszeichnet. Eine solche menschengerechte Stadtplanung, in der neben Wohnungen auch Arbeits-, Versorgungs- und Erholungsmöglichkeiten zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind, macht Mobilität nicht nur nachhaltiger, sondern auch Städte lebenswerter. Dass ein lebendiges Viertel auch zu einer umweltverträglichen Mobilität beitragen kann, beweist auch die Onlineplattform nebenan.de. Wenn man sich die Bohrmaschine beim Nachbarn ausleihen kann und nicht mit dem Auto zum Baumarkt fahren muss oder man über das gemeinsame Straßenfest neue Freundschaften im Viertel schließt, entfällt so mancher Weg durch die Stadt.

Auch andere Fahrten lassen sich substituieren oder reduzieren: Online-Shopping und eine zentrale City Logistik können Fahrten zumindest bündeln, gemeinschaftliche und integrative Wohnformen sparen Wegstrecken und moderne Informations- und Kommunikationstechnologien ersetzten zunehmend persönliche Treffen. Sie werfen aber auch die Frage auf, bis zu welchem Grad eine Vermeidung des Bedarfs sich fortzubewegen noch persönlich und gesellschaftlich wünschenswert ist.

Die Herbeiführung eines Wechsels der Verkehrsmittel

Geschwindigkeit ist alles im Straßenverkehr! Könnte man meinen, wenn man das hektische Treiben des Großstadtverkehrs beobachtet. Doch für welches Verkehrsmittel sich jemand entscheidet, hängt oft von ganz anderen Faktoren ab – neben Zeit und Kosten auch von ganz subjektiven Gründen wie Bequemlichkeit oder Attraktivität. Oft aber hinterfragen wir gar nicht mehr, welches Verkehrsmittel uns am besten zum Ziel bringt, sondern die Macht der Gewohnheit lässt uns ins Auto einsteigen. Mit den bekannten Problemen für Umwelt und Gesellschaft und eben nicht unbedingt schneller.

Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Aufhebung von Parkplätzen sowie Maut- und Besteuerungssyteme sind restriktive Maßnahmen, die Autofahrer zum Wechsel auf andere Verkehrsmittel bewegen sollen. Damit solche Maßnahmen aber nicht zum Ausschluss von Verkehrsteilnehmern führen, müssen andere Verkehrsformen mit entsprechenden Kapazitätssteigerungen aufwarten können. Als Lösungen dafür werden häufig Neuzuteilungen von Verkehrsflächen für den öffentlichen Personennahverkehr, ein Ausbau des Radwegenetzes und Sharing Konzepte für Fahrräder und Autos angeführt. Städte wie Zürich, Münster oder Wien zeigen, dass man zu Fuß, mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Teil einfacher, schneller und umweltschonender ans Ziel kommen kann. Doch noch sind diese Städte Ausnahmen, in denen darüber hinaus jeweils nur ein Verkehrsträger über die anderen herausragt.

Ziel ist es aber, einen Verbund der umweltverträglichen Verkehrsmittel zu schaffen, um die Umwelt- und Gesundheitsbelastung des motorisierten Individualverkehrs zu senken. Dafür sind innovative Lösungen gefragt, die vielfältige Angebote vernetzten, flexibel nutzbar machen und dem Anwender unkompliziert vermitteln. So kann die Benutzung mehrerer Verkehrsmittel für eine Reise bequem und attraktiv gestaltet werden – und damit kann eine echte Alternative zum Auto geboten werden.        

Die Steigerung der Effizienz von Verkehrsmitteln

Neben der Vermeidung und der Verlagerung von Verkehr auf andere Mobilitätsformen kommt es auch darauf an, Verkehrsmittel effizienter zu gestalten. Soziale und technische Innovationen können dazu beitragen, negative Effekte zu reduzieren, wenig Nachgefragtes attraktiver zu gestalten und Lösungen für neue Probleme zu bieten. Ansätze wie Alternative Antriebstechniken, die Verwendung regenerativer Energien und die Minimierung von Emissionen dominieren oft die Verbesserungsstrategien. Doch dieses Feld bietet noch viel mehr Raum für Ideen. Die Nutzung von Big Data Analysen, digitaler Automatisierung und der Vernetzung von Fahrzeugen und Nutzern können alle dazu beitragen, unsere Mobilität in Zukunft nachhaltiger zu gestalten. Das Münchner Start-Up Sono Motors zeigt, wie so etwas aussehen kann. Sie haben nicht nur ein bezahlbares Elektroauto entwickelt, sondern dieses lädt sich auch mit integrierten Solarzellen selber auf. Darüber hinaus kann man mithilfe der integrierten Carsharing-Funktion das Auto auch anderen zu Verfügung stellen.

Über nachhaltige Mobilität wird gerade in der Politik heftig diskutiert. Aber nachhaltige Mobilität bedeutet mehr als nur Fahrverbote und Schadstoffgrenzwerte für Dieselmotoren. Nachhaltige Mobilität betrifft viele Bereiche des öffentlichen Lebens, Wohnens und Arbeitens. Vor allem aber ist Mobilität ein Feld, das gerade einem starken Wandel unterworfen ist und das sich auch verändern muss, um zu einem nachhaltigeren Leben beizutragen. Soziale und technische Innovationen werden hier dringend benötigt.

 


(c) Alle Bilder Sebastian Preiß

Finanzierungsformen für Sozialunternehmen

5. Dezember 2018 By

Fremd-, Eigen-, Mezzanin- oder Hybridkapital? Es gibt eine große Auswahl an Finanzinstrumenten für Sozialunternehmer. Was für Finanzierungsformen gibt es für Social Entrepreneurs?

Grundsätzlich existieren für Sozialunternehmen die gleichen Finanzierungsmöglichkeiten wie für profitorientierte Unternehmen. Aufgrund einer oft geringeren finanziellen Rendite, fehlender Zahlungsbereitschaft oder -möglichkeiten bei den Leistungsempfängern, sowie einem höheren Risiko in wenig entwickelten Märkten, sind Sozialunternehmen für klassische Investoren jedoch oft weniger attraktiv. Dafür eröffnen sich aufgrund der gesellschaftlichen Zielsetzung einige Finanzierungsquellen, die privatwirtschaftlichen Unternehmen verwehrt sind wie beispielweise Spenden oder öffentliche Gelder.

Bei der Unternehmensfinanzierung unterscheidet man grundsätzlich nach der Herkunft der Finanzmittel zwischen Innenfinanzierung und Außenfinanzierung.

Innenfinanzierung

Unter Innenfinanzierung werden allgemein all jene Formen der Kapitalbereitstellung verstanden, die ohne die Inanspruchnahme externer Kapitalgeber erfolgen, d.h. aus eigenen Mitteln des Unternehmens. Diese selbsterwirtschafteten Gelder (auch Social-Business-Modelle genannt) können zwar oft nicht den gesamten Kapitalbedarf decken, sie werden aber in der Finanzierungsstruktur von Sozialunternehmen immer wichtiger.

Die Möglichkeiten der Innenfinanzierung bei Sozialunternehmen sind vielfältig: Neben den Umsätzen aus dem Verkauf von Dienstleistungen oder Produkten an ihre Zielgruppe (bspw. Beratungsdienstleistung, spezielle Hilfsprodukte) können Sozialunternehmen auch durch Leistungsentgelte und durch Zuschüsse der öffentlichen Hand sowie durch Mitgliedsbeiträge eigene Mittel erwirtschaften. Leistungsentgelte sind Vergütungen durch die öffentliche Hand für eine erbrachte Leistung wie bspw. Betreuungsplätze oder Pflegedienste. Zuschüsse sind dagegen eine Art der finanziellen Unterstützung für als vom Staat als förderungswürdig angesehene Projekte. Mitgliedsbeiträge sind eine weitere Möglichkeit der Innenfinanzierung, die sich oft bei Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) findet, die sich für die Durchsetzung politischer oder sozialer Ziele einsetzen (bspw. Greenpeace, WWF, Foodwatch). Dies gewährleistet, dass die Organisation unabhängig von Unternehmens- und öffentlichen Geldern agieren kann und verleiht ihr durch eine breite Verankerung in der Mitgliedsgemeinde politische Legitimität.

Außenfinanzierung

Bei der Außenfinanzierung wird dem Unternehmen Kapital aus unternehmensexternen Quellen zugeführt. Dieses Kapital kann – je nach Rechtsstellung der Kapitalgeber – als Spenden, Eigenkapital, Fremdkapital, Mezzaninkapital oder als Sonderform des so genannten Hybridkapitals ausgestaltet sein.

Spenden sind als freiwillige und unentgeltliche Geld- oder Sachzuwendungen für einen religiösen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen, wirtschaftlichen oder politischen Zweck definiert. Diese Finanzierungart ist nicht mit einer konkreten Gegenleistung seitens des Spendenempfängers verknüpft, auch kann eine Spende nicht zurückgefordert werden. Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung (gemeinnütziger Zwecke, mildtätige und kirchliche Zwecke) können als Sonderausgaben steuermindernd für den Spender geltend gemacht werden. Voraussetzung für die Ausstellung von Spendenbescheinigungen ist das Vorliegen eines so genannten Freistellungsbescheids, dem amtlichen Nachweis der Gemeinnützigkeit, auf Seiten des Spendenempfängers. Spenden können jedoch auch Nachteile für den Sozialunternehmer mit sich bringen: Beispielsweise ist der Zeitpunkt ihres Eingangs meist nicht planbar, es kann eine Zweckbindung mit der Spende verknüpft sein und das Einwerben von Spendenfinanzierung birgt hohe versteckte Kosten – Studien gehen von 25-40% der eingeworbenen Mittel aus. In Deutschland wurden 2014 ca. EUR 4,96 Mrd. gespendet, die durchschnittliche Spendenhöhe lag bei EUR 36. Mögliche Spender sind neben Privatpersonen Unternehmen, Stiftungen sowie die öffentliche Hand:

Gmür (2012). Markt und Strategie von Non-Profit-Organisationen — Vor- und Nachteile verschiedener Spendergruppen.

Eigenkapital zeichnet sich dadurch aus, dass es dem Sozialunternehmer unbefristet zur Verfügung gestellt wird und dass Zahlungsansprüche des Investors vom Erfolg des Sozialunternehmens (in Form von Gewinnbeteiligung) abhängig sind. Eigenkapitalgeber werden Miteigentümer des Unternehmens und partizipieren dadurch vollumfänglich an Gewinn und Verlust des Unternehmens. Daher ist eine Eigenkapitalfinanzierung meist verbunden mit gewissen Stimm- und Kontrollrechten für den Investor wie bspw. einem Sitz in Aufsichtsgremien. Bei Verlusten des Unternehmens wird zunächst das Eigenkapital für die Bezahlung von Ausständen in Anspruch genommen. Je höher daher der Anteil des Eigenkapitals an der Gesamtfinanzierung des Unternehmens ist, desto geringer ist das Risiko für die Gläubiger (s. Fremdkapital) und desto niedriger sind in der Folge die Fremdkapitalkosten. Eigenkapital stellt dadurch einen gewissen Risikopuffer für Gläubiger des Unternehmens dar.

Bei Kapitalgesellschaften existieren gesetzliche Anforderungen an eine Mindesteigenkapitalsumme bei Gründung. Die Haftung ist dann jedoch auf diese Eigenkapitalanlage beschränkt. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften gibt es keine Vorschriften, da die Eigentümer mit ihrem privaten Vermögen haften. Mögliche Eigenkapitalinvestoren können in Direktinvestoren und Fonds unterschieden werden. Direktinvestoren umfassen bspw. Gründer, Familie, Freunde und andere Privatpersonen sowie Business Angels.

So genannte Venture-Philanthropy- oder soziale Risikokapitalfonds sind Investitionsvehikel, an denen mehrere Geldgeber Anteile erworben haben und die entsprechend der Anlageziele des Fonds investiert werden. Als vorteilhaft wird bei der Eigenkapitalfinanzierung das langfristige Engagement des Investors gesehen sowie seine rein ergebnisabhängigen Zahlungsansprüche, die das Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zusätzlich belasten. Darüber hinaus bringen viele Eigenkapitalinvestoren neben der finanziellen Unterstützung auch zusätzliches Know-How mit ins Unternehmen ein und stellen dem Unternehmer ihre Netzwerke zur Verfügung. Als nachteilig werden oft die Mitspracherechte der Investoren empfunden, die meist mit umfangreicher Berichterstattung an die Geldgeber verbunden sind. Darüber hinaus besteht für den Eigenkapitalinvestor keine steuerliche Absetzmöglichkeit für Zinsen und Finanzierungskosten.

Fremdkapital wird dem Sozialunternehmer von unternehmensexternen Geldgebern zur Verfügung gestellt. Diese Mittel (umgangssprachlich auch als Kredite oder Darlehen bezeichnet) stehen dem Unternehmen nur für eine befristete Dauer zur Verfügung und müssen dann an den Gläubiger zurückgezahlt werden. Der Gläubiger hat damit einen Anspruch auf Tilgung der zur Verfügung gestellten Summe und zusätzlich meist auf regelmäßige Zinszahlungen. Fremdkapitalgeber übernehmen keine Haftung, erhalten jedoch auch keine Mitspracherechte in der Unternehmensführung. Für die Aufnahme von Fremdkapital ist oft die Bereitstellung von so genannten Sicherheiten notwendig, bspw. die Eintragung einer Grundschuld. Fremdkapital steht bilanziell im Rang vor Eigenkapital – d.h., im Falle einer Insolvenz des Unternehmens werden zuerst die Fremdkapitalgeber bedient und erst im Anschluss daran die Eigenkapitalgeber.

Vorteile einer Fremdkapitalfinanzierung umfassen Gestaltungmöglichkeiten hinsichtlich der Konditionen der Finanzierung, bspw. Laufzeit und Tilgung. Darüber hinaus muss der Sozialunternehmer keine Unternehmensanteile an den Investor abgeben, der damit auch keine Mitspracherechte erhält. Gerade zu Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit stehen aufgrund mangelnder Sicherheiten jedoch oft keine oder nur kleinere Finanzierungsvolumina zur Verfügung. Darüber hinaus ist das Konzept des Sozialunternehmertums mit einer „gemischten Rendite“ aus finanziellem und sozialem Erfolg bei vielen klassischen Fremdkapitalgebern wie bspw. Banken noch unbekannt und im regulären Kreditgeschäft nicht abbildbar.

Mezzaninkapital ist eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, die rechtliche und wirtschaftliche Eigenschaften beider Finanzierungsformen beinhaltet. In der klassischen Variante wird dem Sozialunternehmen zeitlich befristet Kapital zur Verfügung gestellt und es müssen Zinszahlungen geleistet werden. Der Investor erhält jedoch auch einen vorab vereinbarten Anteil am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ohne, dass Stimm- oder Einflussnahmerechte damit verbunden wären.

Eine relativ neue Finanzierungsart von Sozialunternehmen stellt das so genannte Hybridkapital dar. Diese Finanzierungsinstrumente bestehen aus einer Kombination von Eigen-, Fremdkapital oder Spenden. Folgende hybride Finanzierungsinstrumente werden momentan genutzt:

  • Wandeldarlehen (forgivable loan): Ausgezahltes Darlehen, das bei Erreichen der vereinbarten Zwischenziele teilweise erlassen wird.
  • Wandelspende (convertible grant): Spende, die bei vorab definiertem unternehmerischem Erfolg in Eigenkapital umgewandelt wird.
  • Rückzahlbare Spende (recoverable grant): Darlehen, das nur im Falle einer positiven Unternehmensentwicklung zurückgezahlt werden muss. Sollte die Investition sich nicht auszahlen und eine Rückzahlung nicht möglich sein, wird die rückzahlbare Spende in eine klassische Spende umgewandelt.
  • Umsatzbeteiligungsmodelle: Im Gegenzug für die Gewährung eines Darlehens beteiligt der Sozialunternehmer den Investor mit einem Teil des Umsatzes. Der Investor übernimmt damit unternehmerisches Risiko und Sozialunternehmer können gleichzeitig ihre Kostenstruktur variabel halten.
  • Bürgschaften: Der Investor besichert Darlehen, deren Verwendung vorab mit dem Sozialunternehmer festgelegt wird (bspw. Organisationsaufbau oder Projektfinanzierung). Der Sozialunternehmer kann so zusätzliche Mittel einwerben.

Darüber hinaus haben sich in den letzten Jahren einige Sonderformen im Social Entrepreneurship herausgebildet:

  • Finanzierung der Person: Die Organisation Ashoka fördert speziell ausgewählte Sozialunternehmer für die Dauer von drei Jahren mit individuell festgesetzten Stipendien.
  • Public-Private-Partnerships (PPP): Vertraglich festgelegte Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und Sozialunternehmen, bei der erforderliche Ressourcen gemeinsam eingebracht und Risiken entsprechend verteilt werden.
  • Kooperationen mit Unternehmen: philanthropische Partnerschaften, in denen das Unternehmen finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, transaktionale Partnerschaften mit gemeinsamen Aktivitäten oder integrative Partnerschaften, die für beide Seiten strategisch wichtig sind.

Die Folgende Abbildung illustriert zusammenfassend die Systematisierung der Finanzierungsstruktur nach Art der Finanzierungsform und der Finanzierungsquellen:

Achleitner, Spiess-Knafl & Volk (2011). Finanzierungsstruktur von Sozialunternehmen.


Quellen und Literaturtipps // 

Achleitner, A.-K., Pöllath, R. & Stahl, E. (2007). Finanzierung von Sozialunternehmern: Konzepte zur finanziellen Unterstützung von Social Entrepreneurs.

Achleitner, A.-K., Spiess-Knafl, W. & Volk, S. (2011). In: H. Hackenberg, S. Empter (Hrsg.). Social Entrepreneurship – Social Business: Für die Gesellschaft unternehmen.

Meehan, W. F. I., Kilmer D. & O’Flanagan M. (2004). Investing in Society: Why we need a more efficient social capital market and how we can get there. Stanford Social Innovation Review, 33-43.

The Bank of England (2003). The Financing of Social Enterprises: A Special Report by the Bank of England.

(C) Titelbild: Didier Weemaels

Open Source

5. Dezember 2018 By

Eine Chance für nachhaltiges und soziales Unternehmertum

Den Begriff Open Source kennen die Meisten wohl in erster Linie aus dem Kontext der Open Source Software. Open Source ist aber viel mehr als das – und spielt nicht nur in der IT eine große Rolle. Besonders für nachhaltig und sozial agierende Unternehmen kann Open Source eine Lösung sein, um schnell und langfristig zu skalieren, Marktanteile zu gewinnen, Nutzer zu aktivieren oder Entwicklungskosten zu teilen.

Die Ursprünge von Open Source findet man nicht wie oft vermutet im Digitalen, sondern in der Do-It-Yourself (DIY) Bewegung, die ihre Anfänge im England der 50er Jahre hatte. Heute verbindet man damit vor allem handwerkliche und kreative Tätigkeiten. Damals aber ging es um Selbstermächtigung, Selbstorganisation sowie um die Kritik an Industrieprodukten und passivem Konsum. Themen, die auch heute noch durchaus aktuell sind. Erst in den 80er Jahren wurde der Begriff von der Freien-Software-Bewegung aufgriffen und neu geprägt. Anfangs handelte es sich nur um eine kleine Gruppe Programmierer, die sich gegen die Kommerzialisierung ihrer Arbeit sträubten – mittlerweile ist die Open Source Bewegung einer der größten sozialen Bewegungen weltweit.            

Oft wird Open Source mit „kostenloser“ Software in Verbindung gebracht, aber es handelt sich hierbei ganz grundsätzlich um Gemeingüter, die jedem zur freien Nutzung zur Verfügung stehen. Diese Güter dürfen benutzt, geteilt und verändert werden – der exklusive Besitz wird ausgeschlossen. Ein gutes, digitales Beispiel dafür ist Wikipedia: jeder hat die Möglichkeit auf die Enzyklopädie zuzugreifen, sie für eigene Zwecke zu nutzen, sich an ihr zu beteiligen, aber niemand kann sie exklusiv für sich beanspruchen oder anderen die Teilhabe verwehren. Aber trotz dieses gemeinwohlorientierten Ansatzes, kann man mit Open Source auch Geld verdienen. WordPress oder Linux etwa setzen Geschäftsmodelle erfolgreich um, die auf dem Prinzip der Beteiligung aller basieren.

Um digitale Gemeingüter zu schützen, gibt es „Open Source Lizenzen“ wie die GNU Public License, die dafür sorgt, dass eine Software „frei bleibt“. Das bedeutet konkret: Jeder darf die Software mitsamt ihrem Quellcode herunterladen, benutzen, weitergeben und sogar verändern; und wiederum diese veränderten Versionen weitergeben. Auch nach dem letzten Schritt schützt die Lizenz die veränderte Software, denn sie sagt auch, dass das Recht auf freie und gemeinsame Teilhabe niemand anderem verwehrt werden darf – auch nicht auf die Version einer Software, die die einzelne Nutzerin selbst verändert hat. Auch kreative Inhalte lassen sich schützen. Die Creative Commons License kümmert sich als gemeinnützige Organisation darum, dass Künstler selbst entscheiden, ob und wie weit sie Gebrauch von ihren Urheberrechten machen. Flickr arbeitet zum Beispiel mit der Creative Commons License und ermöglicht es so dem Nutzer schnell einzusehen, ob und wie umfassend ihre Bilder benutzt werden.

Durch die Schaffung von Standard-Lizenzverträgen, will Creative Commons den Schutz und die Verbreitung geistigen Eigentums erleichtern. (C) Creative Commons

Open Source beschränkt sich aber längst nicht mehr nur auf das Digitale. Ein guter Beweis hierfür sind die sogenanntenFabLab, die Raum und Material für gemeinnützige Kollaboration bereitstellen. Sie sind ein Teil der Open Source Bewegung, weil sie nicht nur einigen, sondern allen einen Zugang zu Werkstätten und industriellen Produktionsverfahren ermöglichen – sozusagen zur Hardware des Open Source Prinzips.  Als solch eine Art Hardware gelten etwa Anleitungen für den Bau eines Autos, eines 100-Dollar-Computers oder günstiger Selbstbau-Solarsysteme. Hier lässt sich nun wieder eine direkte Verbindung schlagen zum ursprünglichen Entstehen des Open Source Gedankens der DIY-Bewegung.

Open Source und soziales Unternehmertum

Vorteile von Open Source gibt es viele. Für Sozialunternehmen sind dabei die folgenden besonders interessant:

  • Märkte erkennen und testen:
    Eine umfassende Marktanalyse ist oft methodisch aufwendig und teuer. Teile des eigenen Produkts offen und online anzubieten hilft oft dabei, schnell herauszufinden, ob es einen Markt gibt und wie dieser auf das Angebot reagiert.       
  • Kreative Lösungsansätze durch die Ideen Vieler:
    Ist ein Produkt erst mal auf den Markt gebracht, kann man die Nutzer-Crowd dazu aktivieren schnelles Feedback zu geben und bei der Verbesserung des Produktes zu unterstützen. WordPress etwa profitiert bei der Weiterentwicklung ihres Angebots sehr stark von der Crowd, indem sie direkt Feedback von denjenigen bekommen, die das Angebot auch wirklich und tagtäglich nutzen.                  
  • Soziale Legitimität: 
    Ein Unternehmen, das sein Wissen oder Teile davon für alle zugänglich macht, kommuniziert eine transparente und soziale Haltung. Open Source kann von Anfang an Vertrauen schaffen. So genießen WordPress und Wikipedia im Vergleich zu kommerziellen Anbietern einen guten Ruf, weil alle Nutzer die dahinterliegenden Prozesse nachvollziehen sowie wirksam mitgestalten können. Der Einsatz von Open Source Methoden als Marketing-Tool, speziell in der Marktforschung ist durchaus legitim, denn auch hier werden Ressourcen eingespart was eine Win-Win-Situation für beide Seiten darstellt.         
  • Sicherheitslücken entdecken:           
    Besonders im Bereich der Software lassen sich durch das Open Source-Prinzip schnell Sicherheitslücken und Schwachstellen aufgrund der hohen Anzahl möglichen Feedbacks aufdecken und beheben – oft viel schneller als wenn die Software nur inhouse getestet wird.

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Wie aber kann man eigene Projekte ganz im Sinne des Open Source-Gedanken umsetzen – vielmehr noch: Wie kann man Open Source für sich, sein Unternehmen oder Projekt nutzen? Grundsätzlich gilt: Open Source ist nicht nur eine Methode, sondern es ist es vor allem eine Einstellung. Dabei ist eine ganzheitliche Analyse notwendig. Die folgenden fünf Fragen können dabei helfen, grundsätzlich zu klären, ob Open Source für ein Unternehmen oder Projekt in Frage kommt:

1. Warum ist Open Source wichtig für dich und dein Projekt?

  • Willst du dein Wissen mit anderen teilen und wenn ja warum?
  • Möchtest du eine Community aufbauen und wenn ja zu welchem Zweck?
  • Kann dir Open Source zu einer besseren Entwicklung deines Projektes verhelfen?

2. Was willst du öffnen?

  • Was kann und will ich weitergeben?
    Hier geht es nicht zwingend um das Prinzip ganz oder gar nicht. Es können auch nur Teile eines Unternehmens zugänglich gemacht werden.

3. Wer will deine Inhalte nutzen?

  • Wer ist die Zielgruppe deiner Inhalte?
  • Warum sollten sie deine Inhalte nutzen?
  • Gibt es Partner, Kunden, Communities, die Interesse an deinem Angebot haben könnten?

4. Wie sollen deine Inhalte genutzt werden?

  • Was dürfen User mit deinen Inhalten machen und was nicht?
  • Gibt es Einschränkungen in der Nutzung?
  • Welche Regeln sind mit der Nutzung verbunden?

5. Wie kannst du die Community in eine nachhaltige Entwicklung einbinden?

  • Wie kannst du Nutzerfeedback von der Community bekommen?
  • Wie (schnell) kannst du Nutzerfeedback integrieren?
  • Wie kannst du Nachhaltigkeit mit deinem Angebot gewährleisten?

Für die Beantwortung dieser Fragen hat sich der globale „Think- und Do-Tank Oui Share, die Verbreitung des Open Source Gedanken zur Unternehmensphilosophie gemacht. Dafür wurde ein Canvas zusammengestellt, der die Beantwortung dieser Fragen vereinfacht und den man hier  downloaden kann. Wer den Artikel aufmerksam gelesen hat, wird die Symbole der Creative Commons Lizenz am unteren Rand des Canvas wiedererkennen – der Canvas darf also nicht nur heruntergeladen, sondern auch gedruckt, benutzt und weitergegeben werden.

Der ausgefüllte Canvas soll dazu dienen, eine konkrete Strategie zu entwickeln und den Open Source Ansatz in die Mission und Vision eines Unternehmens mit einzubauen.

Es müssen natürlich nicht alle Bereiche des eigenen Projekts geöffnet werden. Es gilt nicht das Prinzip „ganz oder gar nicht“, sondern ist es vollkommen legitim im Einzelfall zu entscheiden, welche Inhalte zu einer Open Source werden und welche nicht. Oft ist es Teil der Vertriebsstrategie, nur bestimmte Inhalte bekannt zu geben, um potentielle Kunden erst recht zum Kauf zu motivieren. So lässt sich etwa die Software des fairphones komplett als Open Source herunterladen, die Hardware um diese zu nutzen, ist aber nur käuflich zu erwerben. Viele Nutzer motiviert jedoch die Einstellung des Unternehmens, was sie letztlich zum Kauf motiviert. Open Source lässt sich in diesem Fall auch als Marketinginstrument nutzen. Sowie ganz unabhängig von kommerziellen Zielen oder für den Einsatz von Softwarelösungen, kann das Open Source Prinzip nicht nur auf ein Produkt oder eine Dienstleistung angewandt werden, sondern kann es als Grundsatz einer ganzen Organisation dienen. So sollen etwa mit Formaten wie dem „SkillzBazaar“ Menschen dazu ermutigt werden ihr Wissen und Können mit anderen zu teilen. Dabei kann jeder seine eigenen Fähigkeiten anderen Interessierten vermitteln und beibringen. Ob man dabei lernt, das erste Stück auf dem Klavier zu spielen oder einen Schal zu häkeln, bleibt einen selbst überlassen.  

Oui Share versteht sich als internationales Netzwerk, dass sich dem Entstehen einer kooperativen Gesellschaft widmet. Dafür wurde auch der Skillzbazaar ins Leben gerufen. (C) Ulrich Bareth


Lesetipp //

http://www.ifross.org/welches-sind-wichtigsten-open-source-lizenzen-und-welchem-lizenztyp-gehoeren-sie

(C) Header Image by Alex Holyoake

Upcycling

4. Dezember 2018 By

Wirklich nachhaltig oder doch nur ein Modetrend?

Aus etwas Altem wird etwas Neues. Aus etwas Kaputtem, etwas Funktionierendes und aus über Generationen vererbten Lieblingsstücken völlig neue Wertgegenstände. Dinge die auf den ersten Blick so aussehen, als müssten sie auf dem Müllplatz landen, könnten vielleicht doch noch zu einem unverhofften Schmuckstück werden. So ließe sich einfach mal die Lebensdauer von dem ganzen Schrott, den wir über die Jahre und Jahrzehnte produziert haben und weiterhin produzieren, verlängern. Es klingt so einfach. Natürlich steckt hinter der Idee, Dinge lieber nochmal genauer anzuschauen, statt sie zu ersetzen, doch mehr Arbeit, als nur ein motivierter Blick.

Upcycling geht im Vergleich zur Restauration von Dingen noch einen Schritt weiter. Entscheidend ist, dass der vermeintliche Abfall zu etwas Neuem, Höherwertigem verarbeitet wird. Also kreativ einen neuen Zweck in einem Gegenstand erkennen. So werden beispielsweise aus LKW-Planen Taschen und Handyhüllen und Fahrradfelgen werden zu hippen Lampen umfunktioniert. Das Ergebnis hat mit seiner ursprünglichen Nutzung häufig nicht mehr viel gemein. Schön ist, dass so auch ganz neue Einrichtungsstile – quasi eine Art neue Mode entsteht. Die nachhaltige Zweckentfremdung von Gegenständen findet sich in vielfältigen Themengebieten und Größenordnungen wieder. Während Modedesigner ihre Kleidungsstücke gegebenenfalls nur um kleine Applikationen für das gewisse Extra verfeinern, werden in der Architektur ganze Häuser aus gepresstem Plastik gebaut oder Hausfassaden aus Abfallprodukten der Industrie gefertigt.

Hinter Upcycling versteckt sich im Endeffekt eine Kritik an unserer Wegwerfgesellschaft. Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs leben die Industrienationen im Überfluss. Die westliche Welt lebt die Utopie – alles steht immer und überall zur Verfügung. Jahrzehntelang galt: aus alt macht neu ist knauserig und sparen an der falschen Stelle. Wer was auf sich hält, der kauft es neu. So lassen sich auch jährlich 100.000 Tonnen Textilabfall allein in Deutschland erklären. Durch die Abhängigkeit der Wirtschaft vom maßlosen Konsum ist es auch gar nicht gewollt, dass Dinge repariert oder sogar noch weiter verbessert werden können. Im besten Fall gehen die gekauften Geräte so schnell wie möglich kaputt, damit sie wieder neu gekauft werden müssen. Upcycling durchbricht aber nicht nur diesen Kreislauf des Wegwerfens, es veredelt Müll auf eine kluge Art und Weise, findet sich schlussendlich aber auch in einem Nischenmarkt wieder. 

 

100 000 Tonnen Textilabfall kommen jährlich in Deutschland zusammen. (c) Vasiliki Mitropoulou

Es machen sich aber nicht nur Konsumenten durch ihr Kaufverhalten und Hersteller durch die Art der Produktion zu Treibern der Wegwerfgesellschaft. Jedes Produkt hat einen Lebenszyklus, dessen Ursprung schon viel früher beginnt:

Das Design – der Produktursprung und Beginn des Lebenslaufs eines Objekts

In allem steckt Design. Alles was wir an Gebrauchsobjekten besitzen, ob Küchengeräte, sämtliche Verpackungsmaterialien, das Haus in dem wir wohnen, die Technik, die das Haus bewohnbar macht, wurde gestaltet oder befindet sich in einem immerwährenden Gestaltungsprozess. Verbraucher bemerken gar nicht, dass Designern und Konstrukteuren in unserer komplexen Welt ein hohes Maß an Verantwortung zugesprochen wird. Meistens ist den Designern diese Verantwortung nicht einmal selbst bewusst.

Von dem „wie“ Objekte gestaltet werden hängt ab, ob das Produkt effizient und somit energiesparend oder sogar energieproduzierend arbeitet. Aber auch, ob es irgendwann einmal auf dem Sondermüll landet, verbrannt wird oder wiederverwertet werden kann. Nachhaltiges Design bezieht sich auf den gesamten Produktlebenszyklus. Schon im Gestaltungsprozess wird entschieden, ob einzelne Materialien wiederverwertet oder sogar dem ganzen Produkt nach seiner Gebrauchsphase eine neue Aufgabe zugeschrieben werden kann. Entscheidend wird das gute Design somit unteranderem dafür, wie viele Ressourcen künftig eingespart werden können, wenn sie heute sinnvoll eingesetzt werden. Im Endeffekt handelt es sich um eine gesteigerte Form des Upcyclings: Cradle to Cradle. Während es im Upcycling vorsätzlich darum geht, aus Müll ein Objekt mit höherwertigem Sinn zu produzieren, versteht sich das Prinzip des Cradle to Cradle darin, erst gar keinen Müll mehr zu verursachen, indem die Objekte „von der Wiege zur Wiege“ immer weiter verwertet werden. Das Design soll so konzipiert werden, dass sich der Gegenstand leicht und einfach zerlegen lässt, um es wieder für den gleichen oder aber auch für völlig neue Zwecke verwenden zu können. Demnach könnten es die Designer sein, die Anstöße setzen, für eine Wirtschaft, die zwar nicht auf Konsum verzichtet, aber nach rohstoff- und energieschonenden Prämissen funktioniert.

Von der Konstruktion hängt ab, ob die Produktbestandteile anschließend wiederverwendet werden können. (c) Vadim Sherbakov

Ein Kritikpunkt: Ist Upcycling wirklich nachhaltig oder doch nur ein (Mode)-Trend für Individualisten?

Auf der Suche nach Designern und Kleinbetrieben, die schicke Upcycling-Produkte gestalten und vertreiben, finden sich vor allem Luxusprodukte im Hochpreissegment. Sämtliche Designermöbel wie Sessel, die aus alten, zusammengebundenen Lappen bestehen oder Stühle, die aus Elementen kaputter Tische gebaut wurden, kosten teilweise mehrere tausend Euro. Ähnlich wie im Designermöbelladen lassen sich diese serienmäßig online kaufen. Aber auch im Modebereich findet sich einiges, beispielsweise edle Abendkleider, die mit kleinen Elementen, wie Ziffernblättern alter Filmstreifen verfeinert sind, werden zu scheinbar nachhaltigen Kleidungsstücken; Explizit als Premium-Produkt ausgewiesen. Im niedrigeren Preissegment findet sich nur wenig, vielleicht noch Schallplatten die zu Uhren wurden. Doch auch hierbei handelt es sich um Konsumartikel, die ein netter Hingucker in der Wohnung sein können, aber keinesfalls unseren Umgang mit Gebrauchsgegenständen verändern. Im Gegenteil, bei einigen Designern fragt man sich, ob es nicht einfach verkaufsfördernd ist, wenn man eine schicke Upcycling-Geschichte rund um das Produkt erzählen kann. Eine Handtasche aus U-Bahn Sitzbezügen der Heimatstadt bleibt einem einfach eher im Kopf, als wenn sie aus konventioneller Baumwolle hergestellt wird. Es stellt sich die Frage, ob Upcycling ein kluger Trend für Individualisten mit viel Zeit und Geld ist oder aber eine wirkliche Möglichkeit der Widerverwertung darstellt, altes „cool“ und langlebig werden zu lassen. Fest steht, dass Upcycling realistisch betrachtet im Großen und Ganzen nicht wirklich ressourcensparend ist, sondern eher eine Art des Umdenkens in der Gesellschaft bewirken kann. Sozusagen eine Art Werbung, die dazu anspornen soll, Dinge genauer anzuschauen, bevor man sie wegschmeißt. 


(C) Titelbild: Dietmer Becker

Sustainable Branding

20. November 2018 By

Schritt für Schritt zu einer nachhaltigen Markenidentität

Treffen Nachhaltigkeit und Marketing aufeinander, fallen oftmals Begriffe wie Sustainable Branding oder Green Marketing. Doch was macht überhaupt eine erfolgreiche Marke aus? Und wann genau wird sie nachhaltig? Jungen Start-Ups fällt es meist nicht leicht, auf Anhieb die richtigen Antworten auf solche Fragen zu finden. Die Verbindung von Nachhaltigkeit und Marketing wird zudem oft, aufgrund vermeintlich verschiedener Zielsetzungen, kritisch oder gar als unmöglich betrachtet. Aber warum eigentlich? Sicher, Marketing kann Menschen dazu bringen, tagelang in überfüllten Einkaufspassagen zu kampieren, um überteuerte Smartphones zu kaufen. Ebenso ließe sich behaupten, Marketing wecke nur Bedürfnisse für Dinge, die niemand braucht und nur den Geldbeutel so manch eines Managers voller machen. Viel Nachhaltigkeit steckt da noch nicht drin. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Marketing kann mehr.  So beinhaltet es ebenso die Planung, Steuerung und Kontrolle einer Marke. Mit dessen Hilfe werden Werte eines Unternehmens gelebt und vermittelt. Und die können durchaus nachhaltig sein.

Eine Marke ist Charaktersache

Genauer gesagt, geschieht das durch die Integration von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten in die Identität einer Marke und deren anschließende Kommunikation. Die Identität oder auch das Selbstbild einer Marke beschreibt dabei ihre Wesensmerkmale, die in Form eines Markennutzenversprechens kommuniziert werden. Ziel sollte es dabei sein, Versprochenes auch zu halten. Das schafft Vertrauen bei der Zielgruppe und somit die Grundlage einer langfristigen Kundenbindung. Außerdem dient die Markenidentität dazu, sich im Markt klar abzugrenzen, um nicht in einem Meer von Wettbewerbern unterzugehen. Ob ihre Entwicklung erfolgreich ist, kann daran gemessen werden, inwieweit sie mit der Wahrnehmung der Konsumenten, also dem Image einer Marke, übereinstimmt. Die Beachtung einiger Schritte kann dabei hilfreich sein, Nachhaltigkeit in das Bewusstsein und die Wahrnehmung einer Marke zu integrieren.

Erster Schritt: Die Situationsanalyse

Wissen ist Macht! Daher sollte zu Beginn des Aufbaus einer Marke die Schaffung einer Informationsgrundlage zu allen für sie relevanten Nachhaltigkeitsthemen erfolgen. Auf deren Basis werden dann Entscheidungen zur Markenentwicklung getroffen. Die Bildung solch einer Entscheidungsgrundlage ist enorm wichtig, da sie dabei hilft, Ausgangssituationen und Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer Marke zu erkennen und besser zu verstehen. Denn wie soll man angemessen auf Kundenbedürfnisse reagieren, wenn man diese nicht kennt oder nicht weiß, welche Möglichkeiten einem als Unternehmen und Marke selbst zur Verfügung stehen? Eine Situationsanalyse sollte somit stets aus interner und externer Perspektive erfolgen. Mögliche Maßnahmen sind dabei:

Maßnahmen zur eigenen Situationsanalyse

Die Möglichkeiten an Informationen heranzukommen sind vielseitig. Grundvoraussetzung sollte aber immer die Bereitschaft zum Dialog sein – ganz egal, ob Kunde oder Mitarbeiter, Facebook-Chat oder Vieraugengespräch.

Zweiter Schritt: Die richtige Positionierung entwickeln

Auf dem Fundament der Situationsanalyse kann nun überlegt und festgelegt werden, welches Konzept hinter einer Marke stehen soll und wie es sich in den Köpfen der Zielgruppe verankern lässt. Doch wie kann man so ein formuliertes Markenziel erreichen? Um diese Frage zu beantworten, muss klar sein, wie sich eine Markenidentität zusammensetzt. Daher sollten zunächst die folgenden Fragen zu den Bausteinen einer Markenidentität beantwortet werden.

  • Vision (Wohin wollen wir?): Sie gibt eine langfristig gewünschte Entwicklungsrichtung der Marke vor.
  • Persönlichkeit (Was kommunizieren wir?): Sie beinhaltet die Charakteristik einer Marke und findet ihren Ausdruck in der Art und Weise der Kommunikation.
  • Werte (Woran glauben wir?): Sie bestehen aus den Überzeugungen des Unternehmens und bilden ein sinnhaftes Grundgerüst der Marke.
  • Kompetenz (Was können wir?): Sie umfasst die organisatorischen Fähigkeiten eines Unternehmens mitsamt dessen Marke.
  • Herkunft (Woher kommen wir?): Sie stellt die Herkunft einer Marke aus ökonomischer, sozialer und ökologischer Perspektive dar.
  • Leistung (Was vermarkten wir?): Sie beschreibt, wie eine Marke funktional oder symbolisch für Konsumenten nutzbar wird.

Geschafft! Doch bevor es mit dem nächsten Schritt weitergehen kann, müssen die einzelnen Bausteine in einem Nutzenversprechen verpackt werden. Durch die Bündelung in funktionale und symbolische Nutzen wird die zuvor erarbeitete Markenidentität kommunizierbar gemacht. Besonders Start-Ups, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, sollten darauf achten soziale und ökologische Nutzen hervorzuheben.

Water is more important than clothing! That’s why we’re working on a compostable sweater that uses 90% less water than a conventional cotton sweater. We completely abstain from artificial irrigation, cotton, plastics, long transport routes and wage dumping. From the raw material to the finished sweater we stay in Europe. Our vision? A wardrobe with essentials that save and give water. That’s why we pay reparations to countries that have suffered from the textile industry.

Das Nutzenversprechen des Starts-Ups Blue Ben zeigt, wie sich die einzelnen Bausteine einer Markenidentität klar formulieren lassen. (zur Quelle geht’s hier)

Dritter Schritt: Nachhaltigkeit selber Leben

Du bist, wer du bist! Mag dieser Spruch auf den ersten Blick belanglos wirken, hat er doch das Zeug zum Leitsatz jeder nachhaltigen Marke. Denn um Kunden langfristig zu binden, benötigt es Vertrauen und das entsteht wiederum nur durch Glaubwürdigkeit. Denn wie soll eine Marke glaubwürdig sein, wenn sie nicht hält, was sie verspricht? Kurzum: Nachhaltigkeit muss selbst gelebt werden. Alles andere ist Greenwashing. Mitarbeiter und Produktleistungen sind Herz und Kopf eine Marke und bilden zugleich den Ausgangspunkt zur Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeit. So ist es das Team, das mit Kunden in Berührung kommt und das Markennutzenversprechen angemessen nach außen trägt. Dafür ist es notwendig, dass im Team Zuspruch und Bewusstsein für eine nachhaltige Markenidentität bestehen und das Verhalten der Mitarbeiter sich danach ausrichtet.

Ein gutes Beispiel, wie sich soziales und ökologisches Engagement mit wirtschaftlichen Zielen vereinbaren lassen, liefert der Hersteller von Naturkosmetik und anthroposophischer Arzneimittel Weleda. Das bereits 1921 gegründete Unternehmen stellt Nachhaltigkeit als Kern ihrer Markenphilosophie in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns. Dass dabei gehalten wird, was der Hersteller verspricht, zeigt sich unter anderem bei der freiwilligen Einhaltung von Ethikstandards. So richtet sich die Auswahl von Rohstoffen nach nachhaltigen Zielen wie dem Erhalt der natürlichen Vielfalt und der fairen Entlohnung aller Partner entlang der Lieferkette. Dazu gehört auch, dass die eigenen Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens selbst verantwortungsvoll mit Umweltressourcen umgehen, etwa durch besonders ökologisch optimierte Arbeitsflächen und starken Unternehmensausrichtung auf die sozialen Bedürfnisse der der eigenen Angestellten. Die konsequente Ableitung eines nachhaltigen Markennutzenversprechens zahlt sich aus. Das zeigen nicht nur zahlreiche Auszeichnungen für soziales und ökologisches Handeln, sondern auch das fast 100-jährige Bestehen des Unternehmens und seiner Marke.

Ob Nachhaltigkeit selbst gelebt und nicht nur versprochen wird, lässt sich anhand folgender Fragen beantworten:

  • Habe ich alle Mitarbeiter ausreichend über die eigenen Nachhaltigkeitsziele informiert?
  • Können alle Mitarbeiter etwas zur erstrebten Nachhaltigkeit beisteuern?
  • Lebe ich selber Nachhaltigkeit vor?

Zuletzt sollten natürlich auch die mit der Marke in Verbindung stehenden Produkte und Dienstleistungen nachhaltig sein.  Dabei ist es wichtig zu verinnerlichen, dass Nachhaltigkeit während des gesamten Entstehungsprozesses einer Leistung gewährleistet sein muss. Denn Nachhaltigkeit findet nicht erst in der Ladentheke statt. Besonders Start-Ups sollten sich also von vornherein überlegen, wie sie soziale und ökologische Aspekte in die einzelnen Schritte ihrer Wertschöpfungskette integrieren können.

Das Prinzip der identitätsbasierten Markenführung. Quelle: Christoph Burmann et al. – Identitätsbasierte Markenführung

Vierter Schritt: Nachhaltigkeit kommunizieren.

Nach der Entwicklung und Umsetzung eines nachhaltigen Markenbewusstseins kommt es im nächsten Schritt nun auf dessen Vermittlung nach außen an. Denn schließlich können nur so Information zu den eigenen sozialen und ökologischen Aktivitäten von relevanten Zielgruppe wahrgenommen werden. Ziel sollte es dabei immer sein, die Bekanntheit als nachhaltige Marke zu steigern, sowie eine größtmögliche Deckung des inneren Bewusstseins mit ihrer äußeren Wahrnehmung zu erreichen. Für eine erfolgreiche und somit glaubwürdige Markenkommunikation ist die Einhaltung von Ehrlichkeit und Transparenz enorm wichtig. Das zeigt letztlich, dass es nichts zu verbergen gibt, was wiederum der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauern der Nachhaltigkeitsmarke zu Gute kommt. Nicht zuletzt lassen sich ebenso Bedürfnisse und Kritik leichter mit der richtigen Kommunikation aufspüren und behandeln.

Ein geeignetes Kommunikationsmittel sind hier soziale Medien. Facebook, Twitter und Co. sind mittlerweile zu gesellschaftlichen Leitmedien mutiert und bieten mit ihren vielseitigen Funktionen einfache und schnelle Einsatzmöglichkeiten für die Markenkommunikation an. Gute Beispiele dafür sind:

  • Die Vermittlung von nachhaltigen Markenaktivitäten auf sogenannten Brand Pages.
  • Die Markendarstellung durch Videobeiträge auf Youtube, Instagram und Co.
  • Die Informationsgewinnung zu gegenwärtigen Trends in verschiedenen Blogs.
  • Die Führung von Dialogen mithilfe von Foren, Chats und Microblogs.

Fünfter Schritt: Kontrolle und Bewertung

Vertrauen ist gut! Kontrolle ist besser? Vielleicht nicht besser, aber mindestens genauso wichtig. So zeigt der Blick in die Gründerszene, dass auch gute Ideen und glaubwürdige Marken floppen können. Umso wichtiger ist es, die Schritte zum Aufbau einer nachhaltigen Markenidentität auf Herz und Nieren zu prüfen und gegebenen Falls an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Neben dem Blick in die Geschäftsbücher hilft dabei ebenso ein offenes Ohr für interne und externe Stakeholder sowie ein Blick in die Gesellschaft.  Denn am Ende bleibt nichts so wie es ist. Und somit muss dieser letzte Schritt auch gleichzeitig wieder der erste sein.


Lesetipps //

Christoph Burmann: Identitätsbasierte Markenführung.

Teresa Mangold: Social Media im Nachhaltigkeitsmarkenmanagement.

(c) Titelbild: Joanna Kosinka

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